Entscheidungstheorie Teil 4 Prognosemodelle Prof Dr Steffen Flea
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Entscheidungstheorie Teil 4: Prognosemodelle Prof. Dr. Steffen Fleßa Lst. für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement Universität Greifswald 1
Gliederung 1 Grundlagen 2 Werte- und Zielsystem 3 Konzepte der Entscheidungstheorie 4 Prognosemodelle 4. 1 Statistische Prognosemodelle 4. 1. 1 Gleitende Durchschnitte 4. 1. 2 Exponentielle Glättung 4. 1. 3 Ökonometrische Modelle 4. 1. 4 Neuronale Netze 4. 2 Prognostizierende Modelle 4. 2. 1 Netzplantechnik 4. 2. 2 Markov-Modelle 4. 2. 3 System Dynamics 4. 3. 4 Simulation 4. 3 Expertenprognosen Entscheidungstheorie - Fleßa 2
Prognose-Dilemma • „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. “ (zugeschrieben Karl Valentin, Mark Twain, Winston Churchill u. a. ) • „Ein Prognostiker ist ein Mann, der in lichten Momenten düstere Ahnungen hat“. (Tennessee Williams) Entscheidungstheorie - Fleßa 3
Prognosemodelle • Einordnung – Grundproblem: Unsicherheit der Zukunft • Entwicklung von Umweltzuständen • Wirkungszusammenhänge – Folge: Modelle sind wirkungsdefekt – Gegenmaßnahme: Prognose • Definition: Modelle zur Ermittlung bzw. Vorhersage von Informationen über unsichere, zukünftige Sachverhalte. Prognosen liefern Planungsinformationen Entscheidungstheorie - Fleßa 4
Prognosen: Typologie • Umweltprognosen: Prognosen über zukünftige Entwicklungen von Problemdaten • Entwicklungsprognose: Teilmenge der Umweltprognosen: Prognose eines Umweltzustandes, der vom Entscheider nicht beeinflusst werden kann • Wirkungsprognosen: Prognose von Wirkungszusammenhängen zwischen Parametern und Handlungsalternativen Entscheidungstheorie - Fleßa 5
Prognosen: Typologie (Forts. ) • Ergebnisprognosen: Prognose über den Endzustand eines Systems bei Wahl einer bestimmten Handlungsalternative. Oftmals werden für das Ergebnis bestimmte Wahrscheinlichkeiten angegeben. • Prognosen über zukünftige Handlungsalternativen: Vorhersage der technischen, sozialen, politischen oder kulturellen Entwicklung, die neue Handlungsalternativen entstehen oder alte unmöglich werden lässt • Prognosen über zukünftig zu verfolgende Ziele: Prognose über Veränderungen des Zielsystems Entscheidungstheorie - Fleßa 6
Prognosen: Typologie (Forts. ) • Prognosen im engeren Sinne: Umwelt-, Wirkungs- und Ergebnisprognosen • Zeithorizont von Prognosen: Kurzfristige, mittelfristige und langfristige Prognosen Entscheidungstheorie - Fleßa 7
Wahl der Prognosemethoden • Grundsätzliche Eignung der Methode für die Vorhersage – z. B. linearer Ansatz bei zyklischen Verläufen • Prognosefehler – Genauigkeit der Methode • Prognosekosten – „Ökonomie der Modellbildung“ – Grundsatz: So genau wie nötig bei vertretbarem Aufwand Entscheidungstheorie - Fleßa 8
4. 1. 1 Gleitende Durchschnitte • Grundproblem: Zeitreihenanalyse – Zeitreihe: Zeitlich geordnete Folge von Beobachtungswerten y 1, . . yt, …, yn – Normalfall: Äquidistante Beobachtungszeitpunkte, d. h. Zeiträume zwischen zwei Beobachtungen sind konstant – Methoden: • • Gleitende Durchschnitte Glättung Ökonometrie Komponentenanalyse, … Entscheidungstheorie - Fleßa 9
Beispiel x y 1 9 6 16 2 13 7 22 3 17 8 16 4 14 9 15 5 11 10 17 Entscheidungstheorie - Fleßa x 11 12 13 14 15 y 22 20 17 20 26 10
Beispiel Aufgabe: Wie kann man eine Prognose für den Zeitpunkt t=16 erstellen? Entscheidungstheorie - Fleßa 11
Lösung 1: • Prinzip: Fortschreibung des letzten Wertes • Syn. : Gleitender Durchschnitt der Länge h=1 • z. B. „Das Wetter wird morgen so wie heute!“ (In Bayern meistens richtig!) • Anwendung: oftmals bei Budgetierung Entscheidungstheorie - Fleßa 12
Lösung 1 y 16=y 15=26 y 17=y 16=26 Entscheidungstheorie - Fleßa 13
Lösung 2: yt+1=0, 5*(yt+ yt-1) • Prinzip: Fortschreibung des Durchschnitts der letzten beiden Werte • Syn. : Gleitender Durchschnitt der Länge h=2 • z. B. „Das Wetter wird morgen so wie der Durchschnitt von gestern und heute!“ • Anwendung: fängt kleine Schwankungen auf Entscheidungstheorie - Fleßa 14
Lösung 2 y 16=1/2*y 15+1/2*y 14=13+10=23 y 17=1/2*y 16+1/2*y 15=0, 5*(23+26)=24, 5 Entscheidungstheorie - Fleßa 15
Lösung 3: Gleitender Durchschnitt der Länge h Alle Werte gehen gleichmäßig in die Bewertung ein, d. h. Werte, die lange zurück liegen, sind nicht „abgeschwächt“. Saisonale Schwankungen werden nicht berücksichtigt Nur für kurzfristige Trendaussagen geeignet, nicht für die exakte Punktlandung oder für strategische Aussagen Entscheidungstheorie - Fleßa 16
Lösung 3: h=5 Deutlich glatter Verlauf. Aber: Unterschätzung der Entwicklung bei steigendem Verlauf (Überbetonung der alten, nicht mehr relevanten Werte); Überschätzung bei fallendem Verlauf! Entscheidungstheorie - Fleßa 17
Berechnung in Excel Entscheidungstheorie - Fleßa 18
4. 1. 2 Exponentielle Glättung • Prognosewert für Periode t+1 ergibt sich als alter Prognosewert, der um den Schätzfehler bereinigt wird. Glättungsparameter λ (0, 1) λ=1: Schätzwert für t+1 = Messwert für t λ=0: Schätzwert für t+1 = Schätzwert für t λ=0, 5: Schätzwert für t+1 = Schätzwert für t korrigiert um die Hälfte des Schätzfehlers des letzten Wertes 19
Was ist hier „exponentiell“? (1 -λ)i ist je geringer, je größer i ist, d. h. je weiter wir uns vom Prognosezeitpunkt entfernen, desto geringer ist das Gewicht des alten Wertes. 20
Beispiel (λ=0, 3) x 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 y 9 13 17 14 11 16 22 16 15 17 22 20 17 20 26 21 21 Schätzung 9, 00 10, 20 12, 24 12, 77 12, 24 13, 37 15, 96 15, 97 15, 68 16, 08 17, 85 18, 50 18, 05 18, 63 20, 84 20, 89 Schätzfehler 4, 00 6, 80 1, 76 -1, 77 3, 76 8, 63 0, 04 -0, 97 1, 32 5, 92 2, 15 -1, 50 1, 95 7, 37 0, 16 0, 11 0, 3*Fehler 1, 20 2, 04 0, 53 -0, 53 1, 13 2, 59 0, 01 -0, 29 0, 40 1, 78 0, 64 -0, 45 0, 59 2, 21 0, 05 21 0, 03
Beispiel (λ=0, 3) Entscheidungstheorie - Fleßa 22
4. 1. 3 Ökonometrische Modelle • Grundlage: Statistisches Verfahren zur Analyse der Abhängigkeiten von endogenen und exogenen Variablen. Ökonometrische Modelle können für Prognosen verwendet werden (müssen es aber nicht, da die Bestimmung von Einflussfaktoren bereits ein wichtiger Wissenszuwachs jenseits der Prognose ist). Entscheidungstheorie - Fleßa 23
Grundmodell • Gegeben ist eine exogene Variable x und eine endogene Variable y. Gesucht ist der Zusammenhang zwischen x und y. • Ansätze – Korrelation – Methode der kleinsten Quadrate – Goal Programming Entscheidungstheorie - Fleßa 24
Beispiel x 2 4 3 1 2 6 8 3 1 11 3 11 14 11 15 y 3 5 3 3 1 6 5 6 1 15 4 9 13 14 17 Entscheidungstheorie - Fleßa 25
Beispiel 26
Korrelationskoeffizient (ρ) • Inhalt: Ein Maß für den Zusammenhang zwischen zwei Variablen • Hinweis: Oftmals Berechnung mit 1/(n-1) • Berechnungsbeispiel: Regression. xls • -1≤ρ≤ 1 Entscheidungstheorie - Fleßa 27
Beispiele Entscheidungstheorie - Fleßa 28
New evidence for the Theory of the Stork • Zusammenhang zwischen Zahl der Störche und Geburtenrate beim Menschen? • Hofer et al. (2004) in: Paediatric and Perinatal Epidemiology 18, S. 88 -92. • Analyse für Niedersachsen, Berlin und Brandenburg Entscheidungstheorie - Fleßa 29
New evidence for the Theory of the Stork • Ergebnisse: – Korrelation für Niedersachsen: Reduktion beider Größen 1970 -85; Konstanz 1985 -95 – Berlin: keine Störche; jedoch Anstieg der Geburten 1990 -2000 – Erklärung: Zunahme der Störche in Brandenburg Entscheidungstheorie - Fleßa 30
Geburtenrate und Störche in Europa Land Fläche (km 2) Störche (Paare) Menschen (106) Geburtenrate (103/ Jahr) Albanien 28. 750 100 3. 2 83 Belgien 30. 520 1 9. 9 87 Bulgarien 111. 000 5. 000 9. 0 117 Dänemark 43. 100 9 5. 1 59 Deutschland 357. 000 3. 300 78 901 Frankreich 544. 000 140 56 774 Griechenland 132. 000 2. 500 10 106 Holland 41. 900 4 15 188 Italien 301. 280 5 57 551 Österreich 83. 860 300 7. 6 87 Polen 312. 680 30. 000 38 610 Portugal 92. 390 1. 500 10 120 Rumänien 237. 500 5. 000 23 23 Spanien 504. 750 8. 000 39 439 Schweiz 41. 290 150 6. 7 82 Türkei 779. 450 25. 000 56 Ungarn 93. 000 5. 000 11 1. 576 31 124
Korrelation und Kausalität • Korrelation Kausalität (Ursache-Wirkungs-Beziehung) • Scheinkorrelation: „dritte Variable“ beeinflusst beide Merkmale systematisch • Beispiel: Zunehmende Verstädterung vernichtet Nistplätze und fördert Kleinstfamilien Entscheidungstheorie - Fleßa 32
Nachteil der Korrelation • Eine Prognose ist auf Grundlage der Korrelation nicht möglich. • Zusammenhänge lassen sich nur sehr bedingt darstellen. Entscheidungstheorie - Fleßa 33
Methode der Kleinsten Quadrate • Prinzip: Lege eine Kurve so durch die Punktmenge, dass die Summe der quadrierten vertikalen Abweichungen von dieser Kurve zu den gegebenen Werten minimal ist. Entscheidungstheorie - Fleßa 34
Prinzip: Kleinste Quadrate Entscheidungstheorie - Fleßa 35
Prinzip: Kleinste Quadrate Entscheidungstheorie - Fleßa 36
Alternative Gerade Entscheidungstheorie - Fleßa 37
Berechnung der kleinsten Quadratesumme Lösung: Gerade geht immer durch den Mittelwert von x und y Entscheidungstheorie - Fleßa 38
Analyse in Excel • Einfache Regression möglich • Analyse-Funktion „Regression“ liefert Angaben zur Regressions-Statistik (Interpretation!) - Korrelationskoeffizient - Bestimmtheitsmaß - Koeffizienten - t-Statistik Entscheidungstheorie - Fleßa 39
Beispiel Vorgehen in Excel: Anklicken eines Punktes, „Trendlinie hinzufügen“ – „Linear“ Δy; ß 1= Δy/ Δx Δx ß 0 Entscheidungstheorie - Fleßa 40
Verwendung • Punktprognose: • Bestimmtheitsmaß: = Anteil der Varianz von y, der durch die Regression erklärt wird = Maß der Güte der Regression Entscheidungstheorie - Fleßa 41
Beispiel Vorgehen in Excel: Anklicken eines Punktes, „Trendlinie hinzufügen“ – „Linear“ - „Bestimmtheitsmaß anzeigen“ 42
Erweiterungen • • Mehrere Exogene Nichtlineare Funktionen Intervallprognosen Hypothesentest Entscheidungstheorie - Fleßa 43
Mehrere Exogene • Multiples lineares Regressionsmodell Entscheidungstheorie - Fleßa 44
Nicht-lineare Regression • Vorsicht: Viele Anschlussrechnungen sind nicht mehr möglich – z. B. : Bestimmtheitsmaß nur bedingt zu gebrauchen – z. B. Intervallschätzer nur bedingt möglich Entscheidungstheorie - Fleßa 45
Beispiel 46
Intervallprognose • Prinzip: es wird nicht ein Punkt angegeben, sondern ein bestimmtes Intervall, innerhalb dessen der „wahre“ Wert mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens X % liegt • Beispiel: für 95 % aller Stichproben erhält man ein Intervall, in dem der wahre Wert liegt. • Je weiter wir uns vom Durchschnitt der exogenen Variablen entfernen, desto größer wird das anzugebende Konfidenz(=Vertrauens)intervall. Entscheidungstheorie - Fleßa 47
Intervallprognose 48
Hyothesentest • Häufig: Hypothese H 0: ß 1=0 d. h. hat keinen Einfluss auf y 49
Signifikanzniveau • Fehler vom Typ 1: eine Nullhypothese wird als falsch abgelehnt, obwohl sie wahr ist • Fehler vom Typ 2: eine Hypothese wird als wahr angenommen, obwohl sie falsch ist. • P-Wert: – Für die aktuelle Stichprobe wird H 0 ablehnt. – P: Die Wahrscheinlichkeit, einen Fehler vom Typ 1 zu begehen – je kleiner der p-Wert, desto signifikanter ist der Zusammenhang • p=0, 05: hohes Risiko, dass keine Signifikanz besteht • p=0, 01: mittleres Risiko, dass keine Signifikanz besteht • p=0, 001: geringes Risiko, dass keine Signifikanz besteht Entscheidungstheorie - Fleßa 50
Voraussetzungen der OLS-Schätzung 1. Lineares Modell, jeweils eine endogene und exogene Variable (reelle Zahlen) 2. Die Residuen haben einen Erwartungswert von null 3. Homoskedastizität: Die Residuen haben eine konstante Varianz 4. Die Residuen sind nicht autokorreliert 5. Spezifikation: Die Exogene ist richtig gewählt Entscheidungstheorie - Fleßa 51
Erweiterungen des Modells 1. Lineares Modell, jeweils eine endogene und exogene Variable (reelle Zahlen) 2. Die Residuen haben einen Erwartungswert von null 3. Homoskedastizität: Die Residuen haben eine Erweiterungen: konstante Varianz Mehrere Exogene: Multiple Lineare Regression Endogene: von Regressionsgleichungen 4. Die Mehrere Residuen sind. Systeme nicht autokorreliert Unabhängige Regressionsgleichungen 5. Spezifikation: Abhängige Die Exogene ist richtig gewählt Exogene ist natürliche Zahl oder binär (z. B. Mann=0; Frau=1): Dummy Variablen Endogene ist natürliche Zahl oder binär (z. B. Gesund=0; Krank=1): LOGIT- und PROBIT-Modelle 52
Erweiterungen des Modells 1. Lineares Modell, jeweils eine endogene und exogene Variable (reelle Zahlen) 2. Die Residuen haben einen Erwartungswert von null 3. Homoskedastizität: Die Residuen haben eine konstante Varianz 4. Die Residuen sind nicht autokorreliert Problem: 5. Spezifikation: Diesein, Exogene ist richtig Es könnte durchaus das Residuum bei gewählt großen Werten der Exogenen stärker / mehr streut als bei kleinen Werten (Heteroskedastizität) Lösung: Generalized Least Square (GLS) 53
Erweiterungen des Modells Problem: Es könnte durchaus sein, dass ein Zusammenhang zwischen den 1. Lineares Modell, jeweils endogene und aufeinander folgenden Residueneine besteht (Autokorrelation) Lösung. Zahlen) exogene Variable (reelle Generalized Least Square (GLS) 2. Die Residuen haben einen Erwartungswert von null 3. Homoskedastizität: Die Residuen haben eine konstante Varianz 4. Die Residuen sind nicht autokorreliert 5. Spezifikation: Die Exogene ist richtig gewählt Entscheidungstheorie - Fleßa 54
Erweiterungen des Modells 1. Lineares Modell, jeweils eine endogene und exogene Variable (reelle Zahlen) Fehlspezifikation 2. Die Residuen haben einen Erwartungswert von z. B. Prognose des Konsums verwendet nur Altersstufe und Kinderzahl, null aber nicht Familieneinkommen 3. Homoskedastizität: Die Residuen haben eine konstante Varianz 4. Die Residuen sind nicht autokorreliert 5. Spezifikation: Die Exogene ist richtig gewählt Entscheidungstheorie - Fleßa 55
Qualitative Endogene • Normalerweise: Quantitative Endogene, z. B. y= Absatz • Ausnahme: Qualitative Endogene, z. B. „Kunde kauft das Produkt“ • Übertragung der Qualitativen: • Lösung: – Annahme: Nutzen eines Gutes hängt linear von verschiedenen Exogenen ab – Die Wahrscheinlichkeit, dass der Nutzen zum Wert „ 1“ führt, kann durch eine Verteilungsfunktion angegeben werden • y‘ ist die Wahrscheinlichkeit, dass y den Wert „ 1“ annimmt (damit zwischen 0 und 1 verteilt) • Problem: Welche Wahrscheinlichkeitsverteilung hat y? Entscheidungstheorie - Fleßa 56
Lösungen • Wahrscheinlichkeit, dass y=1, wird durch eine Standardnormalverteilung angegeben: PROBITModell • Wahrscheinlichkeit, dass y=1, wird durch eine Logistische Funktion angegeben: LOGIT-Modell • Software: Enthält entsprechende Tools • VORSICHT: Kombination von LOGIT, GLS und Systeme von Gleichungen ist extrem schwierig, z. B. Full-Information-Maximum-Likelihood Schätzer (FIML) • Erweiterungen: Multi-nominale Endogene (z. B. y=0, 1, 2, 3) Entscheidungstheorie - Fleßa 57
Goal-Programming • Prinzip: Abstände werden minimiert, nicht quadrierte Abstände • Lösung: LP • Problem: Anschlussrechnungen schwierig, z. B. Intervallschätzung nur über Monte-Carlo-Simulation 58
4. 1. 4 Neuronale Netze • Analogie zum menschlichen Gehirn: – Neuronen (Knoten) – Netze: Verbindungen zwischen Knoten – Neuronen haben üblicherweise mehrere Eingangsverbindungen sowie eine Ausgangsverbindung. • Aktionspotential: Wenn die Summe der Eingangsreize einen gewissen Schwellenwert überschreitet, sendet das Neuron ein Ausgangssignal Entscheidungstheorie - Fleßa 59
Neuronales Netz Neuron Reiz Entscheidungstheorie - Fleßa Ausgangssignal 60
Neuronales Lernen • Eigenschaft neuronaler Netze: Erlernen („Trainieren“) von komplexen Mustern ohne vorherige Festlegung der Regeln; Neue Verknüpfungen und Reizschwellenwerte entstehen. – Je häufiger ein Neuron A gleichzeitig mit Neuron B aktiv ist, umso bevorzugter werden die beiden Neuronen aufeinander reagieren ("what fires together, wires together"). – Verbindungen bauen sich selbständig auf, ohne dass dies ein bewusster Programmierschritt wäre Entscheidungstheorie - Fleßa 61
Künstliches neuronales Netz • Forschungsgegenstand der Neuroinformatik, Künstliche Intelligenz • Versuch der Nachkonstruktion des Lernverhaltens von Neuronalen Netzen • Beispiele: Vorhersage der Aktienkursentwicklung • Vorteile: – Lernfähigkeit, wenn Kausalzusammenhänge nicht bekannt sind – Toleranz gegenüber fehlerhaften, ja sogar unbekannten Inputs • Nachteile – Intensives Training, zeitintensiv – Neuronales Netz ist „Black Box“ – kein „optimales“ Ergebnis Entscheidungstheorie - Fleßa 62
4. 2 Prognostizierende Modelle 4. 2. 1 Netzplantechnik • Definition: Ein Netzplan ist ein Graph, der mit Hilfe von Knoten und Kanten (größere) Projekte visualisiert und Anschlussrechnungen ermöglicht • Arten – Tätigkeitsgraph und Ereignisgraph – Stochastische und deterministische NPT • Teilprobleme – – Strukturplanung Zeitplanung Kostenplanung Ressourcenplanung Entscheidungstheorie - Fleßa 63
Praxis der NPT • wahrscheinlich häufigstes OR-Verfahren, jedoch meist „versteckt“ in Projektmanagement. Software (z. B. MS-Project) • Arten: – CPM (Critical Path Method, 1956): Theorie – MPM (Metra Potential Method, 1957): Praxis – PERT (Program Evaluation and Review Technique, 1956): Theorie Entscheidungstheorie - Fleßa 64
Strukturplanung • Strukturliste Nr. Tätigkeit Vorgänger Nachfolger A Vorbereiten des Grundstückes - B B Aushub der Fundamente A C C Rohbau B D, F D Innenausbau C E E Inbetriebnahme D, F, G - F Außenanlagen/Zuwege Bereiten C E G Mitarbeiterschulung - E Entscheidungstheorie - Fleßa 65
Tätigkeitsgraph • Inhalt: – Knoten = Tätigkeit – Kante = Anordnungsbeziehung – Metra-Potential-Methode (MPM) ENDE Entscheidungstheorie - Fleßa 66
Ereignisgraph • Inhalt: – Knoten = Ereignis (z. B. Anfang/Ende einer Tätigkeit) – Kante = Tätigkeit – Critical Path Method (CPM), Program Evaluation and Review Technique (PERT) Entscheidungstheorie - Fleßa 67
Zeitplanung im Ganttdiagramm Nr. Tätigkeit Zeitbedarf [Tage] Nachfolger A Vorbereiten des Grundstücks 20 B B Aushub der Fundamente 60 C C Rohbau 150 D, F D Innenausbau 120 E E Inbetriebnahme 10 - F Außenanlagen/Zuwege Bereiten 20 E G Mitarbeiterschulung 30 E Entscheidungstheorie - Fleßa 68
Zeitplanung im Ganttdiagramm Entscheidungstheorie - Fleßa 69
Erweiterung: Puffer Tätigkeiten ohne Puffer sind zeitkritisch, d. h. sie bilden „kritischen Pfad“ 70
Zeitplanung im MPM Entscheidungstheorie - Fleßa 71
Zeitplanung im MPM Entscheidungstheorie - Fleßa 72
Zeitplanung im MPM Entscheidungstheorie - Fleßa 73
Hinrechnung 74
Rückrechnung 75
Endzeitpunkte 76
Puffer • Puffer I: Gesamtpuffer – Alle Vorgänger fangen frühest möglich an, alle Nachfolger spätest möglich – P_Ii=SZi-FZi • Puffer II: freier Puffer – Alle Vorgänger fangen frühest möglich an, alle Nachfolger frühest möglich – P_IIi=Min{FZj-FZi-dij}, wobei P_IIi≥ 0 • Puffer III: unabhängiger Puffer – Alle Vorgänger fangen spätest möglich an, alle Nachfolger frühest möglich Entscheidungstheorie - Fleßa 77
Puffer 78
Kostenplanung Zeitbedarf [Tage] Kosten pro Tag Vorbereiten des Grundstückes 20 100 B Aushub der Fundamente 60 100 C Rohbau 150 200 D Innenausbau 120 200 E Inbetriebnahme 10 100 F Außenanlagen/Zuwege Bereiten 20 200 G Mitarbeiterschulung 30 500 Nr. Tätigkeit A 79
Kostenverlauf bei frühestem Beginn 0 -20 A 20 -30 30 -80 100 80 -230 230 -250 250 -350 350 -360 100 B C 200 D 200 E 100 F G 200 500 Kosten 600 / Tag 600 100 200 400 200 100 Tage 20 10 50 150 20 10 Summe 12000 6000 5000 30000 8000 20000 1000 80
Kostenverlauf für späteste und früheste Zeitpunkte 81
PERT-COST • Ermittlung von zeitlichen und kostenmäßigen Überschreitungen • Hinweis: Nicht zu verwechseln mit der stochastischen NPT PERT. Entscheidungstheorie - Fleßa 82
PERT-COST (Beispiel) Entscheidungstheorie - Fleßa 83
PERT-COST (Beispiel) Entscheidungstheorie - Fleßa 84
Ressourcenplanung • Bedeutung: falls Ressourcen nicht ausreichend sind, müssen die Tätigkeiten verschoben werden • Varianten – Verschiebung innerhalb der Puffer – Verlängerung des frühesten Endzeitpunktes • Verfahren von Fehler • Optimierung: Konventionalstrafe vs. Kosten für Zusatzaggregate • Praxisbeispiel MS-Project: Bauprojekt ET 4 Entscheidungstheorie - Fleßa 85
4. 2. 2 Markov-Modelle • Prozess: Folge von ursächlich verbundenen Ereignissen im Zeitablauf • Stochastischer Prozess: Abfolge ist nicht fest vorgegeben, sondern unterliegt bestimmten (bekannten) Wahrscheinlichkeiten • Markov-Prozess: Die Übergangswahrscheinlichkeit aij von Zustand wi nach wj hängt allein von Zustand wi zum Zeitpunkt t, jedoch nicht vom Zustand wk zum Zeitpunkt t-1 ab („Beschränktes Gedächtnis“). Entscheidungstheorie - Fleßa 86
Zustände und Übergänge im Markov-Graph w 2 w 4 w 1 w 3 87
Beschreibung von Prozessen • anhand von Ereignissen – z. B. Zahl der Ankünfte (Poissonverteilt) • anhand von Übergängen – z. B. Zwischenankunftszeiten ‚ (Negativ-Exponentiell-Verteilt) • Von besonderer Bedeutung sind hierbei Warteprozesse (Warteschlangentheorie) Entscheidungstheorie - Fleßa 88
Markov-Modell Entscheidungstheorie - Fleßa 89
Prognose mit Markov-Modellen • Vorhersage des Zustandsvektors zum Zeitpunkt t • Berechnung von Kennziffern, z. B. durchschnittliche Aufenthaltsdauer im System, durchschnittliche Wartezeiten etc. Entscheidungstheorie - Fleßa 90
Spezialfälle • Absorbierende Markovketten – es gibt einen Zustand, der nicht mehr verlassen werden kann, z. B. Totalschaden, Tod • Inhomogene Markovketten – Übergangswahrscheinlichkeiten sind nicht konstant Entscheidungstheorie - Fleßa 91
Beispiel: Leihwagen zwischen drei Orten Entscheidungstheorie - Fleßa 92
Übergangsmatrix Greifswald Berlin Hamburg Schrott Greifswald 0, 7 0, 2 0, 05 Berlin 0, 05 0, 8 0, 1 0, 05 Hamburg 0, 1 0, 7 0, 1 Schrott 0 0 0 1 Entscheidungstheorie - Fleßa 93
Zugänge, Anfangsbestand, Entwicklung Zugang Anfangsbestand t=0 t=1 t=50 Greifswald 1 50 60 19 Berlin 2 100 112 43 Hamburg 2 200 155 25 Schrott 0 0 28 513 Entscheidungstheorie - Fleßa 94
Zugänge, Anfangsbestand, Entwicklung Zugang Anfangsbestand t=0 Greifswald 1 50 Berlin 2 100 Hamburg 2 200 Schrott 0 0 t=1 Zugang 61 zu gering, um die Zahl der Autos 112 zu halten: Simulation – wie viele Zugänge 155 wo, brauche ich um Konstanz zu gewährleisten? 28 Entscheidungstheorie - Fleßa t=50 19 43 25 513 95
Zugänge, Anfangsbestand, Entwicklung Zugang Anfangsbestand t=0 t=1 t=50 Greifswald 3 50 63 77 Berlin 4 100 114 158 Hamburg 17 200 170 122 Schrott 0 0 28 1193 Entscheidungstheorie - Fleßa 96
Zugänge, Anfangsbestand, Entwicklung Zugang Pro Periode 3 Greifswald zusätzlicher Transport von Greifswald (22/50 Fahrzeuge) und 4 von Berlin (58/50 Fahrzeuge) nach Hamburg nötig, 17 um Hamburg Konstanz zu halten. Schrott 0 Anfangsbestand t=0 t=1 t=50 50 63 77 114 158 200 170 122 0 28 1193 100 357 Entscheidungstheorie - Fleßa 97
4. 2. 3 System Dynamics • Problem der Prognose mit Markov. Modellen: Homogenität, d. h. Unveränderlichkeit der Übergangswahrscheinlichkeiten • Populationswachstum: Zuwachs ist abhängig von der bestehenden Population Entscheidungstheorie - Fleßa 98
Wachstum (Rate = 0, 05) t Anfangsbestand Zuwachs 0 Endbestand 100. 000 1 100. 000 5. 000 105. 000 2 105. 000 5. 250. 000 110. 250. 000 3 110. 250. 000 5. 512. 500 115. 762. 500 4 115. 762. 500 5. 788. 125 121. 550. 625 6. 077. 531 127. 628. 156 6. 381. 407 134. 009. 564 7 … … … Entscheidungstheorie - Fleßa 99
Wachstum 100
System Dynamics Modell Entscheidungstheorie - Fleßa 101
System Dynamics Modell Entscheidungstheorie - Fleßa 102
System Dynamics Modell Entscheidungstheorie - Fleßa 103
Gleichungen Differentialgleichung Differenzengleichung Entscheidungstheorie - Fleßa 104
System Dynamics einer Population Jahr Bevölkerung Exponentialgleichung Differenzengleichung t = 1 Tag Differenzengleichung t = 1 Monat 0 100. 000 1 105. 127 105. 126 105. 116 2 110. 517 110. 516 110. 494 3 116. 182 116. 147 4 122. 140 122. 138 122. 089 5 128. 402 128. 400 128. 336 6 134. 985 134. 983 134. 901 7 141. 906 141. 903 141. 803 8 149. 182 149. 178 149. 058 9 156. 931 156. 826 156. 684 10 164. 872 164. 866 164. 701 105
Umsetzung • World Dynamics (Club of Rome; Grenzen des Wachstums) • Industrial bzw. Business Dynamics (Forrester, Sterman) • Disease Dynamics • Software: Dynamo (1960), Stella (1980), etc. Entscheidungstheorie - Fleßa 106
Industrial Dynamics • EDV-gestütztes dynamisches Modell der Unternehmung • Technischer Wandel induzierte neues Management-Verständnis • Neue Anforderungen an Methoden der Entscheidungsfindung • Erfassung und Simulation von Informationen zwischen – Abteilungen eines Unternehmens – Unternehmen einer Wertschöpfungskette Entscheidungstheorie - Fleßa 107
Beispiel 1 • • • Bedeutung von Werbung und Konsumentenverhalten Konsequenzen für Unternehmen einer Wertschöpfungskette (Produktion und Verteilung) Abstimmungsprobleme als Peitscheneffekt (Bullwhip Effect)
Beispiel 1 • Ineffizienz isolierter Prozesse zwischen Hersteller, Groß- und Einzelhandel • Hohe Produktionsschwankungen bei relativ geringen Nachfrageschwankungen aufgrund zeitlicher Verzögerungen zwischen Kundennachfrage, Bestellung und Lieferung • Lösung durch Supply Chain Management: integrative Planung der Aktivitäten innerhalb der Kette zur Minimierung von Informations- und Anpassungsproblemen
Beispiel 2 • Darstellung und Analyse von Bestandsveränderungen
4. 3. 4 Simulation • Prinzip: Experimentiermodell, d. h. „Durchspielen“ unterschiedlicher Alternativen in konstruierten Systemen • Perspektiven – „What-If“? – „How-to-achieve“? Entscheidungstheorie - Fleßa 111
Arten • Deterministische Simulation: Eintritt von Ereignissen sicher • Stochastische Simulation: Eintritt von Ereignissen unterliegt Wahrscheinlichkeit • Monte-Carlo-Simulation: – Analyse statischer Probleme mit bekannten Wahrscheinlichkeiten – Ermittlung von Verteilungen: Durch wiederholtes Durchrechnen mit unterschiedlichen Zufallszahlen ergibt sich eine Verteilung der Ergebnisparameter – Beispiel: Boot-Strapping in Netzplänen Entscheidungstheorie - Fleßa 112
Arten (Forts. ) • Diskrete Simulation (Discrete Event Simulation, DES) – Modellierung von dynamischen Systemen – Erzeugen von Objekten mit bestimmten Eigenschaften – Aufzeichnung der Zustände der Objekte zu bestimmten Zeitpunkten – Subarten: • Ereignisorientierte Simulation: Es wird immer nur der nächste Zeitpunkt betrachtet, an dem sich eine Zustandsänderung ergibt („Ereignisliste“) • Zeitorientierte Simulation: Simulationszeit wird jeweils um denselben Zeittakt weitergestellt, auch wenn kein Ereignis eintritt • Kontinuierliche Simulation – z. B. Chemie Entscheidungstheorie - Fleßa 113
Zufallszahlen • Notwendigkeit: stochastische Simulation • Aufgaben – Teil 1: 0 -1 -Gleichverteilte Zufallszahlen – Teil 2: Zufallszahlen nach bestimmten Verteilungen • • • Normalverteilt Logarithmisch-Normalverteilt Logistischverteilt Poissonverteilt Dreiecksverteilt Betaverteilt Entscheidungstheorie - Fleßa 114
Beispiel: standardnormalverteilte Zufallszahl • Schritt 1: Erzeuge 12 0 -1 -gleichverteilte Zufallszahl – Erwartungswert je Zufallszahl: 0, 5 – Varianz je Zufallszahl: 1/12 • Schritt 2: Addiere die 12 Zufallszahlen und ziehe sechs ab – Erwartungswert: 0, 5*12 -6=0 – Varianz: 12*1/12 = 1 – Ergebnis: annähernd standardnormalverteilte ZZ Entscheidungstheorie - Fleßa 115
Beispiele für Simulation • • Simulation der Produktionsprozesse Flugsimulator Numerische Integration Prognose epidemiologischer Prozesse Entscheidungstheorie - Fleßa 116
Anforderungen an Simulationsprogramme • Generierung von Zufallszahlen • Überwachung des zeitlichen Ablaufs einer Simulation („Simulationsuhr“) • Sammlung, Analyse und statistische Auswertung relevanter Daten/ Ergebnisse • Aufbereitung und Präsentation Entscheidungstheorie - Fleßa 117
Simulationssprachen • Programmiersprachen (Fortran, C, Delphi, …) • Simulationssprachen – GASP, GPSS, SIMAN, SIMSCRIPT, SIMULA • Anwendungssoftware – Sim. Factory; Pro. Model Entscheidungstheorie - Fleßa 118
4. 3 Expertenprognosen • Direkte Befragung – verschiedene Techniken, um diskrete oder kontinuierliche Variablen zu erfragen • Delphi-Methode Entscheidungstheorie - Fleßa 119
Delphi-Methode 1. Definition des Prognoseproblems 2. Auswahl der Experten, Separierung 3. Schriftliche Befragung der Expertenmeinungen 4. Zusammenstellung der Prognosen 5. Rückführung der Ergebnisse an Experten 6. Erneute schriftliche Befragung der Experten 7. Wiederholung der Schritte 4, 5, 6, bis die Ergebnisse ausreichend konvertiert sind. evtl. ergeben sich Intervalle Entscheidungstheorie - Fleßa 120
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