Ein kleiner berblick zum Recht fr Informatiker Vorlesung
Ein kleiner Überblick zum Recht für Informatiker Vorlesung zur Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ im WS 2003/2004 Marco Rademacher, Freie Universität Berlin 1 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Fragestellung § Welche Gefahren gehen von den behandelten § § § IT-Systemen aus? Welche rechtlichen Normen sind zu beachten? Programmebene: Betriebs-Sicherheit (Strafrecht, Bürgerliches Recht) Datenebene: § Personenbezogene Daten (Datenschutzrecht) § Verbotene Inhalte (Strafrecht), urheberrechtlich geschütztes Material (Urheberrecht) § Inwieweit macht Technik Rechtsnormen überflüssig? 2 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Übersicht 1. Allgemeines Recht 2. Rechtsordnungen im internationalen 3. 4. 5. 6. 3 Vergleich Recht und Informatik Vertragsrecht Datenschutzrecht Urheberrecht Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Begründung dieser Arbeit… § Als Nicht-Jurist besteht die § § § 4 Grundlage aus wenigen Arbeiten und Einflüssen Prof. Dr. iur. Bernd Lutterbeck, TU-Berlin: Vorlesungen zu EU und „Information Rules“ Volker Grassmuck, HU-Berlin: „Freie Software“ Andere kurze Rechtseinführungen Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Wozu gibt es das Recht? § Bedarf an allgemein verbindlichen Regeln für das Zusammenleben der Menschen § Leben Menschen in kleinen Gemeinschaften, schafft ihre gemeinsame Moral die Norm § Charakteristisch für Gesellschaften ist die Existenz vieler Moralauffassungen (der „gesunde Menschenverstand“), zwischen denen in den Konfliktfällen vermittelt werden muss 5 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Aus einer Rechtseinführung: § „Das Zusammenleben der Menschen bedarf § § § einer Ordnung. Die Regeln, die Lebensverhältnisse der Menschen in verbindlicher Weise ordnen, bezeichnen wir als Rechtsordnung. Sie bildet die Grundlage für Frieden, Sicherheit, und Gerechtigkeit. Ohne sie würden Faustrecht und Chaos herrschen. “ (Eva Frauenschuh: Allgemeines Recht) 6 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Stellenwert des Rechts überbewertet? § Rechtswissenschaftler sehen im Recht die einzige § § § 7 Möglichkeit der gesellschaftl. Regulierung BL: Recht ist nach meinem Verständnis "das Unternehmen, das menschliche Verhalten der Herrschaft von Regeln zu unterwerfen". (Berman 1991, S. 19 f) Handeln steht hier über den Regeln (statt die Regeln über dem Handeln) Die Einflussnahme anderer Wissenschaften zur Regulierung der Gesellschaft wird gestattet (statt andere Regulierungen auszuschließen) Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Rechtsnormen § § § 8 Gesetze Verordnungen Satzungen Gerichtsurteile Gewohnheitsrecht Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Stärke der Rechtsnormen Gesetze (geschriebenes Recht) Urteile (gesprochenes Recht) Grundgesetz (GG) Bundesverfassungsgericht (BVG) konkretisiert ermächtigt, bricht Gesetze Bundesgerichtshof (BGH) Verordnungen 9 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Subsidiarität Europäische Union Bund Landkreis Gemeinde 10 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Was tun bei ungerechte Rechtsnormen? § Rechtspositivismus § Recht ist verbindlich, wenn es formell auf dem dafür vorgesehenen Weg entstanden ist Problem: Nationalsozialismus § § Naturrecht § Bürger müssen nur die Gesetze befolgen, die dem § 11 Naturrecht konform sind Problem: Definition „Naturrecht“ Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Einordnung des Rechts § Woher kommt das Recht? § Welche Wirkungen hat das Recht? § Modell: die drei Staatsgewalten § Und was hat das mit Informatik zu tun? 12 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Die drei Staatsgewalten Judikative Recht (das Gerichtswesen) Legislative Exekutive (die Gesetzgebung) (die Regierung) Souverän (das Volk) 13 . . . auch einige Informatiker! Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Rechtssysteme § Civil Law § Basiert auf § römischem Ausländerrecht Formt sich aus überwiegend aus Gesetzen § Common Law § Anglo-Amerikanische § 14 Rechtsformen Großer Einfluss des Richterrechts (prätorisches Recht) und des Gewohnheitsrechts Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Das Recht. Die Ökonomie. . . 15 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Und was ist mit Informatik? § In der Ökonomie: „New Economy“, die Informations-, § § 16 Netzwerk- oder Internetökonomie In der Jura: "Technikrecht", "Computerrecht", "Informationsrecht" oder "Datenschutzrecht", Oder Übertragung auf bisherige Rechtsgebiete (Straf- und Zivilrecht; gewerbliche Schutzrechte, Vertragsrecht o. ä. ). In der politologischen Diskussion hat sich schließlich der Begriff „Internet Governance“ geprägt, der teilweise auch von Juristen benutzt wird. Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Ergebnis für die Informatik: § Allgemein bekannt: Information macht Ordnung erforderlich § Aber auch: Information schafft Ordnung Durch welche Gesetze wird Informatik geregelt? 17 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Wortgebrauch Sache Gestalt von Software Produkt Geistiges Werk Technische Erfindung Gerät Dienstleistung Werk Marke Fernmeldeanlage Ware Elektronisches Material Waffe Automatisiertes Verfahren 18 Gesetz und Regelungsgegenstand Erwerb von Standardsoftware (BGB) Erwerb von Standardsoftware (Produkthaftungsgesetz) Urheberrecht Patentgesetz unter Umständen für Dokumentationsfunktionen bei Röntgengeräten (Röntgenverordnung) unter Umständen Individualsoftware nach der EUDienstleistungs-Richtlinie Individualsoftware (BGB) Markengesetz unter Umständen nach dem alten Fernmeldeanlagengesetz (FAG) Kaufrecht der Vereinten Nationen EU-Datenbank-Richtlinie Exportvorschriften der USA und "Dual Use"Verordnung der EU Bundesdatenschutzgesetz Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Internetrecht § mehr dazu von Aleksandra! § danach: § Vertragsrecht § Datenschutzrecht 19 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Klassischer Fall: Die Trierer Weinversteigerung § Benno v. Stoffregen gerät im Herbst 1899 § § 20 unwissentlich in eine Weinaktion Sein Armheben wird (objektiv) als Angebot verstanden, ohne dass ihm die Konsequenz seiner Handlung (subjektiv) bewusst war Ist ein Vertrag zustande gekommen? Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Gültiger Vertrag? § Grundsätzlich besteht Vertragsfreiheit § Einige Verträge sind jedoch im BGB definiert: § Kauf § Miete § Pachtvertrag § Dienstvertrag § Werkvertrag § Um Einzelnes zu konkretisieren, sind Allgemeine Geschäftsbedingungen zulässig, sofern sie dem Gesetz nicht widersprechen 21 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Die juristische Beantwortung § Gesetzestext § Übertragbar auf eigenen Fall nach dem Sinn § § § 22 des Gesetzes? § Präambel § Entstehung Juristische Literatur § Gerichtsentscheidungen § Aufsätze mehrheitliche Auffassung juristischer Autoren bildet die „Herrschende Meinung“ Eigene Entscheidung nach HM, denn Gerichte würden sich höchstwahrscheinlich ihrer anschließen Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Beim Kaufvertrag: § Invitatio § § (Das Preisschild ist die Aufforderung an den Kunden, ein Angebot abzugeben) Angebot des Käufers: „ 10 Schrippen zu 20 Cent“ Annahme des Verkäufers „Bittesehr“ Alle diese Erklärungen oder Gesten sind Willensäußerungen! 23 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Vertragsschluss beruht auf Willenserklärungen: § Objektiver Tatbestand § Erklärungstatbestand: Ist das Wille Objektiver Tatbestand Erklärungsbewusstsein Verhalten aus objektiver Sicht eine Willensäußerung, die auf eine Rechtsfolge gerichtet ist? § Subjektiver Tatbestand beim Erklärenden § Handlungswille § 24 (z. B. nicht bei Gewalteinwirkung gegeben) Erklärungsbewusstsein: Das Wissen, eine rechtlich relevante Erklärung abzugeben Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Streitfall Erklärungsbewusstsein § Subjektive Theorie: § Erklärungsbewusstsein ist Gültigkeitsvoraussetzung kein Vertrag zustande gekommen § § Objektive Theorie: § Erklärungstatbestand ist im Vordergrund § Vertrag zustande gekommen § Anfechtbar nach § 119 Abs. 1 BGB § aber: Schadensersatzpflicht nach § 122 BGB 25 Der BGH hat sich 1991 in einem Urteil der objektiven Theorie angeschlossen Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Konsequenzen im Fall: § BGB § 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums (1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. 26 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ § BGB § 142 Wirkung der Anfechtung (1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. 27 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ § BGB § 122 Schadensersatzpflicht des Anfechtenden (1) Ist eine Willenserklärung nach § 118 nichtig oder auf Grund der §§ 119, 120 angefochten, so hat der Erklärende, wenn die Erklärung einem anderen gegenüber abzugeben war, diesem, andernfalls jedem Dritten den Schaden zu ersetzen, den der andere oder Dritte dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere oder Dritte an der Gültigkeit der Erklärung hat. 28 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Konsequenzen § Benno hätte Berta erst 1991 nach dem BGH § 29 -Urteil aufsuchen sollen Zumindest aber erst nach dem 1. 1. 1900, aber dem das BGB gilt Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Datenschutz § Automatische Verarbeitung § § personenbezogener Daten Bundesdatenschutzgesetz § Bundesbehörden § Private Landesdatenschutzgesetze § Landesbehörden Ebenso Zuständigkeit der DS-Beauftragten Grundgesetzcharakter: § Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts: § Es gibt ein Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“ 30 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Datenschutz nach versch. Rechtstraditionen Common Law: Regelung der automatischen Datenverarbeitung personenbezogene Daten DS-Gesetze automatische Datenverarbeitung Civil Law: Rechtsprechung Verletzung der Persönlichkeitsrechte 31 Verbot der verletzenden Anwendung Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
Freie Universität Berlin, Institut für Informatik AG Informatik in Bildung und Gesellschaft Lehrveranstaltung „Partizipation im Internet“ Schlusswort § Uwe Wesel in Jura für Nichtjuristen: [. . . ] Nun versteht man vielleicht auch, warum das Jurastudium heute als so schwierig gilt. [. . . ] Oder, um es mit Walter Benjamin zu sagen, die Wissenschaft ist eine Kuh. Sie macht Muh. Ich sitze im Hörsaal und höre zu. 32 Marco. Rademacher@inf. fu-berlin. de
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