Dr med Lotte Habermann Horstmeier MPH Alle inklusive
Dr. med. Lotte Habermann Horstmeier, MPH Alle inklusive: Die Bedeutung von Partnerschaft & Sexualität mit Blick auf Artikel 23 UN-BRK Tagung an der Akademie der Diözese Rottenburg Stuttgart Alle inklusive? ! Liebe, Partnerschaft, Familie und Sexualität Stuttgart – 25. September 2019 DOI: 10. 13140/RG. 2. 2. 20525. 64480 © L. Habermann Horstmeier
Übergewicht und seine Folgen Überblick: § UN-Behindertenrechtskonvention und Ehe/Familie/Sexualität § Partnerschaft und Sexualität § Fruchtbarkeit, Schwangerschaftsverhütung § Menstruation, Monatshygiene, gynäkologische Untersuchung § Auffälliges Sexualverhalten § Sexualität und Gewalt
Übergewicht und seine Folgen UN-Behindertenrechtskonvention Quelle: Agentur der Europäischen Union für Grundrechte; http: //fra. europa. eu/sites/default/files/styles/fra_large/public/fra_images/eu_framework_for_crpd_0. jpg? itok=Pb. Y 8 X KG
UN-Behindertenrechtskonvention Die UN-Behindertenrechtskonvention* besagt, dass alle(n) Men schenmit Behinderung … § das Recht haben, eine Ehe zu schließen und eine Fam i lie zugrün den(Art. 23, Abs. 2 a). § das Recht haben, eine freie und ver ant wor tungs be wusste Entschei dung darüber zu treffen, ob, wann und wie viele Kinder sie bekom menmöcht en (Art. 23, Abs. 2 b). § das Recht auf den Zugang zu alters gemäßer Infor ma tionund Aufk lärung haben, um diese Entschei dungs frei heituzver wirk lichen. § die notwendi gen Mit tel zur Ausübung dieser Rechte zur Ver fü gunggestellt wer den sollen. § das Recht haben, ihre Frucht barkeitzu behal ten(Art. 23, Abs. 2 c). § das Recht auf Privatsphäre haben; darüber hinaus haben sie Anspruch auf rechtlichen Schutz bei solchen Eingriffen oder Beeinträchtigungen (Art. 22, Abs. 1). * Die UN Behindertenrechtskonvention wurde 2006 beschlossen und trat 2008 in Kraft. Deutschland unterzeichnete die Konvention 2007, sie trat hier 2009 in Kraft.
Bedeutung des Entwicklungsniveaus bei Mmg. B § Beim Thema Liebe, Partnerschaft und Sexualität spielt das Entwicklungsniveau der Menschen mit geistiger Behinderung (Mmg. B) eine entscheidende Rolle. § Ein Mensch mit einer geistigen Behinderung kann sehr unterschiedliche Entwick lungsstände im Bereich seiner körperlichen, intellektuellen, sozial emotionalen und psychosozialen Entwicklung aufweisen (s. SEO Konzept; Došen, 2010, Sappok & Zepperitz, 2016 etc. ). § Sowohl sein individuelles Erleben (d. h. die subjektive Realität) als auch seine Bedürfnisse und seine Fähigkeiten können sich stark von denen anderer erwachsener Menschen mit und ohne geistige Behinderung unterscheiden. § Hieraus können sich in diesem Themenbereich verschiedenste Probleme ergeben.
Entwicklungsniveau bei Mmg. B
Beziehungen Unterscheidung zwischen Ich-Bereich (Intimbereich) und Fremd-Bereich (Öffentlichkeit) Beziehungskreise stellen die Art des möglichen Körperkontaktes mit anderen Personen in unterschiedlich enger Beziehung dar. Vermeidung peinlicher oder kompromit tierender Situationen, die auf vermeintlicher „Distanzlosigkeit“ beruhen. Abbildung: © Cora Halder
Grundlage der folgenden Daten Noch laufende Studie (Start: Mai 2019) „Geschlechtlichkeit bei Menschen mit geistiger Behinderung in Wohneinrichtungen. Die Sicht der Betreuungskräfte. “ Daten beziehen sich auf eine Vorauswertung der ersten 100 Fragebogen dieser Studie. (Tendenz der Aussagen wurde inzwischen bei größerem Sample bestätigt. ) Befragt wurden Betreuungskräfte in der Behindertenarbeit aus zahlreichen Einrichtungen unterschiedlicher Trägerschaft in ganz Deutschland.
Thema Liebe, Partnerschaft & Sexualität Ein Thema in der stationären/ambulanten Behindertenhilfe? Häufigkeit von Gesprächen der befragten Betreuungskräfte [n = 100] zu den Themen Partnerschaft und Sexualität mit… Menschen mit geistiger Behinderung gesetzlichen Betreuern/Angehörigen 100% 26. 0% 80% 60% 42. 0% 14. 0% Nur bei Bedarf 15. 0% 40% 80% Keine Angabe 60% Nie Selten 36. 0% 38. 0% 40% 52. 0% 4. 0% 21. 0% Von Zeit zu Zeit 33. 0% 20% Regelmäßig 20% 8. 0% Partnerschaft 24. 0% 20. 0% 23. 0% 0% 3. 0% Sexualität 0% 11. 0% Partnerschaft 3. 0% Sexualität
Partnerschaft Prozentsatz der befragte Betreuungskräfte [n = 100], die berichten, dass es unter den von ihnen betreuten Menschen mit geistiger Behinderung (Mmg. B) Personen gibt, die … in fester Partnerschaft leben 76, 0% … wechselnde Partnerschaften leben 65, 0% … keinen Partner gefunden haben 96, 0% … einsam sind, weil sie keinen Partner gefunden haben 84, 0%
Ehe und Kinderwunsch Prozentsatz der befragten Betreuungskräfte [n = 100], die der Ansicht sind, dass alle Mmg. B heiraten können sollen, sofern sie das möchten. Ja Nein Keine Angabe 83. 0% 15. 0% 2. 0% Prozentsatz der befragten Betreuungskräfte [n = 100], die der Ansicht sind, dass alle Mmg. B Kinder bekommen können sollen, sofern sie das möchten. Ja Nein Keine Angabe 63. 0% 35. 0% Eltern mit geistiger Behinderung haben in Deutschland einen Rechtsanspruch auf öffentliche Hilfen. Ambulante /stationäre Unterstützungsangebote im Rahmen einer Begleiteten Elternschaft. 2. 0%
Wissen über Fruchtbarkeit und Schwangerschaft Männer und Frauen mit einer Form der geistigen Behinderung, die nicht auf einer Chromosomenstörung beruht, sind in der Regel normal fruchtbar (fertil). Personen mit einer Chromosomenstörung sind oft unfruchtbar oder in ihrer Fertilität eingeschränkt. Zutreffende Aussage Prozentsatz der Zustimmung zur Aussage [n = 100] Männer mit Down Syndrom sind meist zum Geschlechtsverkehr in der Lage, können jedoch in der Regel keine Kinder zeugen (Ausnahme: Mosaik Trisomie 21) 15, 0% Frauen mit Down Syndrom können trotz eingeschränkter Fruchtbarkeit schwanger werden. Ihr Risiko, das Down Syndrom zu vererben liegt bei 50%. Viele solcher Schwangerschaften enden daher mit einer Fehlgeburt. Ausgang der Schwangerschaften in Abhängigkeit von der Art der Intelligenzminderung (n = 172 registrierte Schwangerschaften von Frauen mit Intelligenzminde rung in der Schweiz. Zeitraum: 1998 bis 2009. ) [Keine Angabe dazu, ob es sich bei den Fehlgeburten (Aborten) um einen eingeleiteten oder einen spontanen Abort handelte und wie viele Kinder Frauen mit Down Syndrom das Down Syndrom ererbt hatten. ] Quelle der Daten: Orthmann Bless (2012) 25, 0% Geburt 100% 80% 66. 3% Abort 77. 5% 60% 40% 33. 7% 22. 5% 20% 0% Down Syndrom Andere Intelligenzminderung
Schwangerschaftsverhütung § 86, 0% der befragten Betreuungskräfte [n = 100] gaben an, dass unter den von ihnen betreuten Frauen mit geistiger Behinderung Personen seien, die regelmäßig schwangerschaftsverhütende Methoden anwenden. § 75, 0% der befragten Betreuungskräfte [n = 100] gaben an, dass unter den von ihnen betreuten Frauen mit geistiger Behinderung Personen seien, die regelmäßig schwangerschaftsverhütende Methoden anwenden, obwohl sie nicht sexuell aktiv sind. Prozentsatz der befragten Betreuungskräfte [n = 100], die angaben, dass von ihnen betreuten Frauen mit geistiger Behinderung folgende schwangerschaftsverhütende Methoden nutzen: 0% Antibabypille Dreimonatsspritze Hormonstäbchen Hormonspirale Kupferspirale Minipille Hormonpflaster Andere Schwangerschaftsverhütung Weiß nicht Unterstütze nur Männer Keine Schwangerschaftsverhütung 20% 40% 60% 80% Einrichtung und Angehörige möch ten, dass es nicht zu einer ungewoll ten Schwangerschaft kommt! Angabe der Betreuungskräfte [n = 100], ob die von ihnen betreuten Männer mit geistiger Behinderung Kondome nutzen: 66. 0% Ja 17. 0% Nein Betreue nur Frauen mg. B Weiß nicht 10. 0% 8. 0% 47. 0% 27. 0% 4. 0% 3. 0% 6. 0% 8. 0% Mangelndes Wissen über Neben und Wechselwirkungen bei Betreuern! 23. 0%
Sterilisation Der Artikel ist stark beeinflusst durch die Vorgänge (Sterilisationen und Ermordungen von Menschen mit körperlicher, psychischer und geistiger Behinderung) während der Zeit des Nationalsozialismus. Zirka 400. 000 Menschen wurden im Bereich des Deutschen Reiches zwangssterilisiert.
Sterilisation Aussage Sterilisation vom Mmg. B ist grundsätzlich nicht richtig. Prozentsatz [n = 62] 63, 0% Sterilisation von Mmg. B sollte ohne Gerichtsentscheid möglich sein, wenn der/die Betroffene in der Lage ist, das selbst zu entscheiden. 58, 0% Sterilisation von Mmg. B nur dann nicht richtig, wenn sie ohne ihre Zustimmung bzw. ohne die Zustimmung ihrer gesetzl. Betreuer durchgeführt wird. 23, 0% Sterilisation von Frauen mg. B sollte ohne Gerichtsentscheid möglich sein, wenn bei den Betroffenen durch jahrelange Pilleneinnahme plus Übergewicht große gesundheitliche Risiken bestehen. Sterilisation von Mmg. B sollte wieder leichter möglich sein, da eine Schwangerschaft für die betroffene Frau mg. B und ihre Angehörigen eine große Belastung ist. Sterilisation vom Mmg. B ist auch ohne ihre Einwilligung richtig. 20, 0% 3, 0% 2, 0%
Menstruation und Monatshygiene Prozentsatz der befragten Betreuungskräfte [n = 100], die angaben, dass von ihnen betreute Frauen mit geistiger Behinderung folgende Besonderheiten im Zusammenhang ihrer Menstruation und der Monatshygiene zeigen: Menstruation 0% 10% 20% 30% Frauen mg. B haben keine oder nur selten Menstruation 50% 44. 0% Frauen mg. B haben öfter/regelmäßig Menstruationsbeschwerden Frauen mg. B zeigen Verhaltensauffälligkeiten bei Menstruation 40% 41. 0% 26. 0% Frauen mg. B können Menstruationsgeschehen nicht einordnen 22. 0% Frauen mg. B zeigen Angst/Unruhe, wenn sie Menstruation bemerken 22. 0% Einige Frauen mit Down Syndrom + anderen angeborenen Behinderungs Syndromen haben überhaupt keine Re gelblutung. Letzte Regelblutung (Menopause) bei Frauen mit Down-Syndrom durch schnittlich schon mit 47, 2 Jahren (Schupf et al. , 1997). Monatshygiene 0% 10% 20% 30% 40% Frauen mg. B sagen bei heftiger Blutung nicht Bescheid, sodass Wäsche verschmutzt Weibliche Betreuungskräften fallen Besonder heiten im Zusammenhang mit der Menstru ation häufiger auf als männlichen Betreu ungskräften. 41. 0% Binden werden von Frauen mg. B unpassend entsorgt Binden werden von Frauen mg. B unbemerkt entfernt, sodass Wäsche verschmutzt Frauen mg. B, die Monatshygiene selbstständig erledigen, vergessen das Bindenwechseln. Folge: Juckreiz und Hautschädigungen 50% 34. 0% 29. 0% 23. 0%
Gynäkologische Untersuchungen Prozentsatz der befragten Betreuungskräfte [n = 100], die Folgendes angaben: 0% 10% 20% 30% 40% Gibt zu wenig Gynäkologen, die Erfahrung im Umgang mit Frauen mit geistiger/körperlicher Behinderung haben 44. 0% Gynäkologen/Praxispersonal sind unerfahren im Umgang mit Frauen mit geistiger/körperliche Behinderung 37. 0% Gynäkologen haben zu wenig behindertenspezifisches Fachwissen 0% 34. 0% 10% 20% 30% 40% Frauen mg. B haben oft/manchmal starke Angst/Panik vor gynäkologischen Untersuchungen 50% 60% 53. 0% Gynäkologische Untersuchungen müssen oft/manchmal deswegen abgebrochen werden Frauen mg. B werden oft/manchmal bei gynäkologischen Untersuchung gegen ihren Willen festgehalten 50% 40. 0% 5. 0% In größerem Sample sind die Prozentsätze hier noch etwas höher.
Gynäkologische Untersuchungen Wann sind gynäkologische Untersuchungen bei Frauen mit geistiger Behinderung sinnvoll und nötig? A. Genitale gynäkologische Untersuchungen I. Diagnostik: Genitale gynäkologische Untersuchungen sind bei Frauen mg. B v. a. dann sinnvoll, wenn gynäkologische Beschwerden vorliegen und eine Diagnose nur mit Hilfe einer solchen Untersuchung gestellt werden kann. II. Prävention: Gynäkologische Abstrich Untersuchungen (Gebärmutterhalskrebs-Screening, das Frauen ab 20 Jahre angeboten wird) sind nur bei sexuell aktiven Frauen mit geistiger Behin derung sinnvoll, da das auslösendes Virus sexuell übertragen wird. B. Mammografie-Screening (Wird Frauen zwischen 50 und 70 Jahren angeboten) Es handelt sich um eine sehr schmerzhafte Untersuchung, die vielen Frauen mg. B starke Angst macht ( Gefahr der Traumatisierung). Sie ist daher oft nur bei Frauen mit leichterer geistiger Behinderung ohne äußeren Druck durchführbar. Ein Mammografie Screening sollte deshalb v. a. Frauen mg. B und einer genetischen Disposition (Brustkrebs in der Familie) angeboten werden.
Partnerschaft und Sexualität Wissen über Partnerschaft und Sexualität bei Mmg. B? Prozentsatz der befragten Betreuungskräfte [n = 100], die der Ansicht sind, dass die von ihnen betreuten Frauen und Männer mg. B – entsprechend ihrer geistigen Fähigkeiten – über das Thema Sexualität (einschl. Zeugung, Schwan gerschaft, Elternschaft etc. ) informiert sind. Ja, alle Ja, einige Nein Weiß nicht Keine Angabe Probleme im Bereich Sexualität/Partnerschaft: § Unzureichendes Wissen über Sexualität § Unrealistisches, lebensfernes, idealisiertes Bild von Partnerschaft, Ehe und Familie (meist stark durch Medien beeinflusst) § Unrealistisches Selbstbild § Partnerfindung erschwert § Fehlende Privatsphäre § Mangelnde Kommunikationsfähigkeit innerhalb einer Partnerschaft § Mangelnde Unterstützung oder Beeinflussung durch Betreuungskräfte/ Angehörige 65. 0% 21. 0% 8. 0% 1. 0% 5. 0% Darüber informiert sind v. a. Personen mit einer leichteren Form der geistigen Behinderung. Abbildung: © Cora Halder
Formen der Sexualität 89, 0 % der befragte Betreuungskräfte [n = 100] berichten, dass es unter den von ihnen betreuten Menschen mit geistiger Behinderung (Mmg. B) Personen gibt, die in irgend einer Form sexuell aktiv sind. Prozentsatz der befragte Betreuungskräfte [n = 100], die berichten, dass unter den von ihnen betreuten Mmg. B Personen sind, die folgende Formen des Körperkontaktes bzw. der sexuellen Aktivität ausüben: 0% 20% 40% 60% Küssen 100% 86. 0% Masturbation 60. 0% Geschlechtsverkehr 35. 0% Petting 28. 0% Sexuelle Erregung bei Körperpflege 24. 0% Voyeurismus 24. 0% Exihibitionismus Nicht sexuell aktiv 80% 21. 0% 6. 0% Zitat einer Betreuungskraft, die im ambulanten Bereich Menschen mit einer leichten geistige Behinderung betreut: „Viele Bewohner. Innen ha ben ein stark von Pornografie ge prägtes Bild von Sexualität. Die Ver mittlung eines ‚normalen‘ Umgangs mit Sexualität gestaltet sich daher zum Teil schwierig. “ Exhibitionismus: Entblößen der Geschlechtsteile in Gegenwart fremder Personen. Voyeurismus: Betrachten sich entkleidender oder nackter Menschen bzw. Beobachten sexueller Handlungen, um selbst sexuell erregt zu werden.
Homosexualität Bislang gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Homosexualität bei Mmg. B. 98, 0% der befragten Betreuungskräfte [n = 100] sagen, dass Homosexualität auch bei Mmg. B vorkommt. 49, 0% sagen, dass bei den von Ihnen betreuten Mmg. B sexuelles Interesse im Hinblick auf gleichgeschlechtliche Personen vorkommt. © Philippe Leroyer Quelle: http: //www. freak online. at/freak online/aktuell detail/article/ich bin wie ich bin schwul und behindert/
Auffälliges Sexualverhalten 49, 0% der befragten Betreuungskräfte [n = 100] sagen, dass unter den von Ihnen betreuten Mmg. B Personen sind, die ein ihrer Ansicht nach auffälliges Sexualverhalten zeigen. Genannte Beispiele für auffälliges Sexualverhalten bei Mmg. B: § § § § Heftige Masturbation oder Spielen mit Geschlechtsteilen im Beisein anderer Personen Masturbieren mit Gegenständen Entkleiden in der Öffentlichkeit Im Schwimmbad seine Geschlechtsteile zeigen In der Öffentlichkeit anderen Personen an die Geschlechtsteile fassen Schauen von pornografischem Material Pädophilie Sexualisierte Sprache Zitat einer Betreuungskraft: „Es wird kaum darüber gesprochen und solange nichts „aufpoppt“, geschieht auch nichts…“
Sexualität und Gewalt § 71, 0% der befragten Betreuungskräfte [n = 100] sagen, dass es im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit im Behindertenbereich schon einmal Fälle von sexueller Gewalt in ihrem Umkreis gab. § Betreuungskräfte in Außenwohngruppen und im ambulanten Betreuungsbereich sowie Betreuungskräfte von Menschen mit leichter geistiger Behinderung berichten deutlich häufiger von Fällen sexueller Gewalt. Opfer Täter 0% 10% 20% Mitbewohner 30% 40% 50% 60% 58. 0% 70% 0% 19. 0% Betreuer Fremder 19. 0% Freund 17. 0% Betreuer 17. 0% Verwandter unbekannt 16. 0% 4. 0% Verwandter Fremder Therapeut 30% 40% 50% 60% 70% 68. 0% 17. 0% 9. 0% Bekannter In größerem Sample: Wahrscheinlich höherer Prozentsatz (> 20 %) bei Verwandten als Täter. 20% Mitbewohner Freund Bekannter 10% 6. 0% 4. 0% 2. 0% 1. 0% 80%
Sexualität und Gewalt Von welche Art sexueller Gewalt berichteten die befragten Betreuungskräfte (n = 100)? 0% 10% 20% 30% 40% 50% Intime Berührung an Geschlechtsteilen 60% 54. 0% (Versuchte) Vergewaltigung 28. 0% Vornehmen anderer sexuelle Handlungen zur eigenen Stimulation 24. 0% Masturbation in Anwesenheit des Betroffenen 22. 0% Exhibitionistische Handlungen vor dem Betroffenen 17. 0% Zeigen von pornografischen Abbildungen 14. 0% Zwingen des Betroffenen zu sexuellen Handlungen 8. 0% Weiß nicht 8. 0% Wo fand die sexuelle Gewalt statt (n = 100)? 0% 10% 20% In Einrichtung In größerem Sample: Wahrscheinlich höherer Prozentsatz (> 20 %) bei Tatort „Bei Verwandten“. 20. 0% Bei Verwandten 18. 0% In der Werkstatt/Tagesstruktur 17. 0% Auf dem Weg zur Werkstatt/Tagesstruktur 13. 0% Während einer Freizeit/Urlaub Weiß nicht 40% 50% 60% 56. 0% Im Freien Während Ausflug 30% 5. 0% 1. 0% 4. 0%
Einige erste Schlussfolgerungen hieraus: § Auch für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung sind Partnerschaft und Sexualität sehr wichtige Themen. Sie leben ein breites Spektrum an sexueller Aktivität, sind jedoch auch oft durch die örtlichen Gegebenheiten in der Ausübung von Partnerschaft und Sexualität eingeschränkt. § In den Einrichtungen/im ambulanten Betreuungsbereich und mit den Mmg. B und ihren Angehörigen wird viel zu wenig über das Thema „Geschlechtlichkeit von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung“ gesprochen. § Es fehlt in vielen Bereichen an Wissen bei Mmg. B, Betreuungskräften, Ärzt/ innen, Therapeut/ innen, Angehörigen. § Problemsituationen entstehen oft daraus, dass das sozio emotionale und das intellektuelle Entwicklungsniveau der betroffenen Mmg. B nicht berücksichtigt werden. § Die Bedürfnisse und Möglichkeiten hinsichtlich Partnerschaft und Sexualität können bei Mmg. B je nach dem vorhandenen Entwicklungsniveau sehr unterschiedlich sein. § Sexuelle Gewalt bei Mmg. B wird bisher viel zu wenig in der Öffentlichkeit diskutiert. § Es gibt Hinweise darauf, dass die Gefahr von sexueller Gewalt im Zusammenhang mit Mmg. B mit der Ausdehnung des ambulanten Betreuungsbereichs zunimmt.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. med. Lotte Habermann Horstmeier, MPH Villingen Institute of Public Health (VIPH) an der Steinbeis+Akademie, einem Unternehmen in der Steinbeis Hochschule Holding Klosterring 5 78050 VS Villingen Tel: 07721/99 48 13 Fax: 07721/20 699 71 Internet: www. viph steinbeis hs. de E Mail: info@viph steinbeis hs. de https: //www. facebook. com/VIPHStudium
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