Digitalisierung in der Beruflichen Bildung Mehr als eine
Digitalisierung in der Beruflichen Bildung – Mehr als eine Methodenfrage Dr. Joanna Burchert DEKRA SE, Service Division Training
„natürlich gibt es Themenbereiche, die sich ins Internet bringen lassen […]. So langweilige Sachen wie rechtliche Aspekte, […] das muss man ja nicht unbedingt versuchen, als Trainer in aufgelockerter Form den Teilnehmern beizubringen. “ (Weiterbildner)
„Digitale Bildung heißt für mich Lernen in einer digitalisierten Welt und nicht Digitalisieren von analoger Schule“ (Björn Nolte, Lehrer)
Entwicklung einer Haltung zum Thema Digitalisierung in der Beruflichen Bildung i) Was bedeutet Digitalisierung im Jahr 2019 für berufliche Bildung? ii) Berufspädagogische Ideen iii) Anknüpfungspunkte für die weitere Auseinandersetzung
Technik „Digitalisierung ist rein technisch betrachtet "nur" die Vernetzung von Menschen und Objekten, um daraus einen Mehrwert zu schaffen“ Beat Döbeli Honegger Digitale Repräsentation von Informationen Vernetzung als vereinfachter Austausch digitaler Daten Automatisierung als Verselbständigung von Arbeitsprozessen Internet der Dinge Big Data Industrie 4. 0 Gesellschaft Wearables Informationszuwachs, Ubiquität von Informationen Bedürfnis nach Vernetzung, Interesse an (Selbst-) Vermessung Arbeit 4. 0 und 4 K: Kommunikation, Kooperation, Kreativität, kritisches Denken
Wie betrifft Digitalisierung – im Jahr 2019 – berufliche Bildung? „Schreiben ist Silber, Verlinken ist Gold“: OER, You. Tube, … • Lehr-Lern-Technik • Lernende und Lehrende • Inhalte Mobile learning als Training in der Hosentasche Tools zur Erstellung und Präsentation (von PPT bis VR) Früher „kein signifikanter Unterschied“: jetzt? 6
Beispiele aus dem Gesundheitsbereich VR zur Orientierung im Rettungswagen App zur Förderung interkultureller Kompetenz von Rettungskräften Blended Learning zur Verbesserung der Kommunikation in der Ausbildung von Pflegekräften
Wie betrifft Digitalisierung – im Jahr 2019 – berufliche Bildung? • Lehr-Lern-Technik • Lernende und Lehrende • Inhalte 8
Nicht ohne mein Netzwerk! „Haben wir etwas mitzuteilen, haben wir immer unser Publikum. Das prägt. Und zwar nicht nur in dem Sinne, dass wir in der Straßenbahn nur noch in unsere Handflächen starren. Es prägt vielmehr unsere Art, wie wir Aufgaben bewältigen, wie wir uns informieren, in neue Themen einarbeiten, wo wir arbeiten, wann wir arbeiten, wie wir zusammenarbeiten, von wem wir uns etwas sagen lassen“. Philipp Riederle, https: //www. welt. de/debatte/kommentare/article 1357836 72/Wir Digital Natives veraendern die Welt. html
Nicht ohne Dein Netzwerk! „Ich hab […] in meinem Berufsleben etwa 500 Ingenieure eingestellt, und ich würde heute niemanden mehr einstellen, den ich nicht in irgend nem Fachforum vorher gefunden habe. […] Der erste Grund ist, damit kann ich jemanden viel besser einschätzen […]. Und das zweite ist, ich will auch sehen, dass ein Mensch etwas tut für seine persönliche Entwicklung […]. Und gleichzeitig so jemanden einzustellen heißt nämlich nicht bloß ihn, sondern eigentlich im Hintergrund einen Teil des Netzwerkes einzustellen, denn er wird ja weiterhin von den anderen beeinflusst und entwickelt und damit entwickelt er mein Unternehmen. “ (Bildungsmanager)
Bildung unter den Bedingungen der Digitalisierung „Beim digitalen Lesen verändern sich nicht nur die Augenbewegungen: Wir lesen den Anfang, huschen im Zickzack über den Mittelteil und lesen dann wieder den Schluss. Das digitale Lesen ist auf Geschwindigkeit geeicht. […] Der Verlust des Tiefenverständnisses und analytischen Denkens ist ein Kollateralschaden unserer digitalen Kultur. Wir fühlen uns gut informiert, sind es aber nicht und wissen gar nicht, was wir nicht wissen. “ https: //folio. nzz. ch/2019/april/wir-bekommen-twitter-gehirne
Lernen im Web als Microlearning „Microlearning ist […] Lernen mit dem Web. […] Du kannst gar nicht anders, als micro zu lernen, wenn du dich im Web bewegst, weil du immer nur diese kurzen Aufmerksamkeitsspannen hast“ (Learning Designer)
Beispiel: lasidig. de - für Fachkräfte aus Lager und Transport, in Aus- und Weiterbildung, - Micro-Inhalte als Mix von selbst erstellten und verlinkten Inhalten, - Micro: prägnante Erklärung eines Arbeitsprozesses/ bestandteils, - ermöglicht formelles und informelles, strukturiertes und zufälliges Lernen, - OER.
Wie betrifft Digitalisierung – im Jahr 2019 – berufliche Bildung? schneller Wandel durch technische Entwicklungen • Lehr-Lern-Technik • Lernende und Lehrende • Inhalte Was kann man lehren außer „Manual-Lese. Kompetenz“? (Hersteller-) Spezifikationen „wenn eine Prüfung gerade Dinge abfragt, die ich mit Google auch beantworten könnte, was soll das für eine Kompetenz sein, die ich damit nachweise? “ (Philippe Wampfler, Lehrer) 14
Was außer „Manual-Lese. Kompetenz“? …wiederum am Beispiel La. Si. Dig… Verstehendes Anwenden Orientierung an Arbeitsprozessen und typischen Fehlkonzepten Explanatory talk: Begriffe, Argumente, Alternativen Förderung von Austausch in der Community of Practice Ermöglichung von User Generated Content als Öffnung für Neues
Digitale Medien als Methode nutzen, Digitalisierung der Gesellschaft aufgreifen… aber wie? Berufspädagogische Ideen dazu
Entwicklungsaufgaben in der Berufsausbildung - tragfähiges Lernkonzept erwerben Konzept beruflicher Arbeit entwickeln sich in eine berufliche Praxisgemeinschaft integrieren (Burchert 2014, Bremer 2004)
Entwicklungsaufgaben in der Ausbildung Förderung eines tragfähigen Lernkonzeptes
„Was heute erklärt worden ist bei den Azubis, ist morgen schon wieder vergessen. […] Sie können dieses Umsetzen nicht. Das heißt, sie haben's [das Werkstück, J. B. ] aufgebaut, sie haben's ausgerechnet, sie haben's mit konstruiert und das zwei Mal, und jetzt treten Fehler auf. Jetzt sollte man ja eigentlich in der Lage sein zu verarbeiten, was hat man jetzt gesagt bekommen, um was handelt es sich hier für Teile, und was machen diese Teile und dann die Fehler zu suchen. Das geht überhaupt nicht. “ (Ausbilder)
Entwicklungsaufgaben in der Ausbildung Förderung eines tragfähigen Lernkonzeptes - „Lernen schmackhaft machen müssen“ - Vergessen diagnostizieren - Fehlersuchen, Rückhalt geben, Tricks abfangen, Selbständigkeit fördern, sich absichern
… und mit Blick auf Digitalisierung? • zum Hinterfragen von Konzepten und Wissen anregen, z. B. durch Apps wie Quizzlet live, Kahoon… und mit sehr guten Fragen! • Material für selbstorganisierten Lernen bereitstellen und in ein pädagogisches Setting einbinden – z. B. Bau ABC und Learning Toolbox; Ausbildung Rettungssanitäter: http: //appelt. net/2016/07/unterricht-mit-dem-flow -konzept/#more-8790)
Entwicklungsaufgaben in der Ausbildung Förderung eines tragfähigen Lernkonzeptes - „Lernen schmackhaft machen“, - Vergessen diagnostizieren, z. B. durch Fehlersuchen, - Rückhalt geben, Tricks abfangen Verdeutlichung von Konzepten beruflicher Arbeit
„Wie muss ’ne Oberfläche aussehen von meinem Bauteil? An dem Zusammenhang erklären, wie das ist, dass eben keine Beschädigungen an der Oberfläche herrschen dürfen, weil das sonst eben schwerwiegende Folgen haben kann. Und da muss man eben die jungen Leute hinbringen, dass sie eben dieses Bewusstsein mit sich tragen und jeden Tag eigentlich leben, dieses Bewusstsein“ (Ausbilder)
Entwicklungsaufgaben in der Ausbildung Förderung eines tragfähigen Lernkonzeptes Verdeutlichung von Konzepten beruflicher Arbeit - „Lernen schmackhaft machen“, - Vergessen diagnostizieren, z. B. durch Fehlersuchen, - Rückhalt geben, Tricks abfangen - Erklärung der Bedeutung von Qualitätskriterien - Rahmen, Prozesse und Alternativen auzeigen - Planen, zeichnen/ dokumentieren als Brückenschlag Idee-Praxis
… und mit Blick auf Digitalisierung? • Förderung beruflicher Kommunikation mit der Außenwelt durch social media, z. B. Bau-ABC Rostrup bei Facebook https: //de-de. facebook. com/bauabc/ • Reflexion durch selbst erstellte Videos eigener Arbeitsprozesse – z. B. Berufliches Lernen unter den Bedingungen Digitaler Medien – Videos von Auszubildenden als User Generated Context, http: //www. bwpat. de/ausgabe 24/luebcke_burch ert_bwpat 24. pdf
Entwicklungsaufgaben in der Ausbildung Förderung eines tragfähigen Lernkonzeptes Verdeutlichung von Konzepten beruflicher Arbeit - „Lernen schmackhaft machen“, - Vergessen diagnostizieren, z. B. durch Fehlersuchen, - Rückhalt geben, Tricks abfangen - Erklärung der Bedeutung von Qualitätskriterien - Rahmen, Prozesse und Alternativen auzeigen - Planen, zeichnen/ dokumentieren als Brückenschlag Idee-Praxis Unterstützung bei der Integration in eine Praxisgemeinschaft
„Das bringt nichts, wenn der [Auszubildende] Arbeitssicherheit einhält und sag ich mal, seine Bauteile, die er für sich fertigt, in ’ner super Qualität und ‘ner super Zeit fertigen kann, wenn er aber mit der Gruppe nicht klarkommt. Weil ich arbeite später nur in Gruppenarbeit, und wenn keiner mit ihm zusammenarbeiten will, dann bringt es nichts, wenn er noch so gut ist“ (Ausbilder)
Entwicklungsaufgaben in der Ausbildung Förderung eines tragfähigen Lernkonzeptes Verdeutlichung von Konzepten beruflicher Arbeit Unterstützung bei der Integration in eine Praxisgemeinschaft - „Lernen schmackhaft machen“, - Vergessen diagnostizieren, z. B. durch Fehlersuchen, - Rückhalt geben, Tricks abfangen - Erklärung der Bedeutung von Qualitätskriterien - Rahmen, Prozesse und Alternativen auzeigen - Planen, zeichnen/ dokumentieren als Brückenschlag Idee-Praxis -Teamarbeit - differenzierte Förderung der Auszubildenden (Schlüsselkompetenzen & Fachlichkeit) - Praxis und Authentizität als zentrale Handlungsstrategien
… und mit Blick auf Digitalisierung? • das Internet als Chance, berufliche Werte in anderen (betrieblichen) Zusammenhängen kennenzulernen, z. B. „Ein Tag mal anders bauen“ (weiterbildung. nznb. de) • Vernetzung über den eigenen Betrieb, die eigene Arbeitsgruppe hinaus (z. B. Twitter: Twitterlehrerzimmer, Twundesministerium)
Zusammenfassung: Förderung von Entwicklungsaufgaben mit digitalen Medien und mit Blick auf digitalisierte Gesellschaft Förderung eines tragfähigen Lernkonzeptes Verdeutlichung von Konzepten beruflicher Arbeit - Hinterfragen von Wissen - Reflexion durch Videos und Konzepten mit eigener Arbeitsprozesse Quizzen - social media zur - Bereitstellung eines Förderung beruflicher Setting für Identifikation selbstorgansiertes Lernen (mehr als Plattform mit Lernmaterialien!) Unterstützung bei der Integration in eine Praxisgemeinschaft - Erfahrungen aus anderen beruflichen Zusammenhängen kennenlernen - Vernetzung über den eigenen Betrieb, die eigene Arbeitsgruppe hinaus
Anknüpfungspunkte für die weitere Auseinandersetzung
Medienkompetenz zum Thema machen
Reflektiert implementieren: der Ansatz sozio kultureller Ökologien
„Wer lernen will, sollte sich ‘ne lebendige Community suchen“ (Oliver Ewinger) Lerngeschichten erforschen, z. B. : http: //ericbuhse. de/startseite/funkgrube-02 -lifelong-learning-mit-oliver-ewinger-2/ https: //forschergeist. de/podcast/fg 059 -digitale-didaktik/ Lerngeschichten schreiben, z. B. bei Twitter - Starthilfen: https: //rete-mirabile. net/lernen/twitter-einstieg-fuer-lehrer/ https: //www. lernen-neu-denken. de/2017/12/20/bin-ich-schon-drin-ein-bericht-ueber-ersteerfahrungen-mit-twitter/ Newsletter abonnieren, z. B. Edu. Mail für zeitgemäße Bildung (Nele Hirsch): http: //edumail. ebildungslabor. de/ Orte zum Austausch über zeitgemäße Bildung: https: //padlet. com/fraudreier/vernetzung
Danke für Ihre Aufmerksamkeit – ich freue mich auf Ihre Fragen! Kontakt: Dr. Joanna Burchert Joanna. Burchert@dekra. com 0176 24822430 Twitter: @jo_burchert
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