Digitale Technologien in den sozialen Dienstleistungen Perspektive der

  • Slides: 14
Download presentation
Digitale Technologien in den sozialen Dienstleistungen. Perspektive der Arbeitnehmer*innen Die Wirtschaft der Gesellschaft »

Digitale Technologien in den sozialen Dienstleistungen. Perspektive der Arbeitnehmer*innen Die Wirtschaft der Gesellschaft » Freiheit, Gleichheit, Selbstausbeutung: Zur Zukunft der Demokratie und des Sozialstaates in der Dienstleistungsgesellschaft « Hochschule Sankt Georgen, 1. 10. 2019, Frankfurt am Main Michaela Evans Direktorin des Forschungsschwerpunktes » Arbeit und Wandel « Institut Arbeit und Technik (IAT) | Westfälische Hochschule, Gelsenkirchen

Gliederung 1. Digitale Technologien in den sozialen Dienstleistungen: Was kommt in den Blick? 2.

Gliederung 1. Digitale Technologien in den sozialen Dienstleistungen: Was kommt in den Blick? 2. Digitale Technik als Katalysator neuer Dienstleistungsund Produktivitätsarrangements 3. Perspektiven für Arbeitnehmer*innen: Hinweise aus der Arbeitsforschung – Ein kursorischer Überblick 4. Perspektiven für Arbeitnehmer*innen – Relevante Such- und Gestaltungsfelder 1. 2. 3. Berufsfachliche Kerntechnologie, digitale Standardisierung und Entscheidung Digitalisierung und neue Produktivitätsarrangements Jenseits von Akzeptanz – » Arbeitnehmer*innen mitnehmen « als Irrweg… 5. Zusammenfassung

Digitale Technik als Katalysator neuer DL-Systeme Beispiel: Re-Organisation des » Dienstleistungssystems Altenpflege/Altenhilfe « Re-Organisation

Digitale Technik als Katalysator neuer DL-Systeme Beispiel: Re-Organisation des » Dienstleistungssystems Altenpflege/Altenhilfe « Re-Organisation und Neukombination u. a. von Qualifikationen/Kompetenzen, Technikeinsatz, Kunden-/Klientenintegration, Kapitaleinsatz Neue Informations- und Wertschöpfungsnetze Digitale Technik als Katalysator neuer Formen der Vermittlung, Organisation, (Ko-)Produktion und Substitution sozialer Dienstleistungsarbeit Organisation – Profession, Profession – Klient*innen, (intern/extern) Profession – (intern/extern) Profession 07 Dezember 2020 3

Soziale Dienstleistungen: Ein Hauptanwendungs- und Experimentierfeld für digitale Technik! Anwendungs-, Experimentier- und Zukunftsfelder Marktkommunikation

Soziale Dienstleistungen: Ein Hauptanwendungs- und Experimentierfeld für digitale Technik! Anwendungs-, Experimentier- und Zukunftsfelder Marktkommunikation Plattformen und neue Servicefelder, Informationen für Bewerber*innen, Angehörige, Ehrenamtliche, Öffentlichkeitsarbeit, Spendenmanagement… Leistungsdokumentation Elektronische Dokumentations- und Aktensysteme, sensorbasierte Systeme, Sprachdokumentation, kontextsensitive Dokumentation, … Prozess- und Arbeitsgestaltung Frühwarnsysteme, Sturzprophylaxe, digitale Assistenzsysteme, Tourenplaner, Robotik, Personaleinsatzplanung, Wissensmanagement, Telecare, digitales Überleitmanagement… Unterstützung, Kommunikation, Sicherheit für Klient*innen, Case/Caremanagement soziale und psychosoziale Online-Beratung und Begleitung, Notfallassistenz, Frühwarnsysteme, Serious Games, Notrufplus, LQManagement, VR in der Biographiearbeit, … Ausbildung und Training e. Learning, Simulationen, Mediennutzung frühkindliche Bildung, KISysteme für Lernprozesse, Open Educational Resources (OER), Datenbrillen zur Anleitung…. Big Data und KI Fallanalytik, Chat-Bots, Mustererkennung für Arbeitsprozessgestaltung, lokales Kapazitätsmanagement, … Quellen: u. a. Becka/Evans/Hilbert (2017); Seelmeyer/Ley (2018); Garkisch (2017); Kutscher et al. (2015) 07 Dezember 2020 4

Digitale Technik in der sozialen DL-Arbeit: Ausgewählte Erkenntnisse der Arbeitsforschung § Organisationen machen einen

Digitale Technik in der sozialen DL-Arbeit: Ausgewählte Erkenntnisse der Arbeitsforschung § Organisationen machen einen Unterschied für Digitalisierung (Büchner 2018) § Innovationsfähigkeit und Innovationsbereitschaft von Führungskräften und Beschäftigten als Voraussetzung (Hinding et al. 2016) § Akzeptanzvoraussetzungen bei Pflegekräften wie Bedienerfreundlichkeit, Unterstützung von Kernprozessen, Lösungsorientierung, Zeitersparnis, Qualifizierung (etwa Hülsken-Giesler 2011) § Zusammenhang positiver Nutzungserfahrungen und Akzeptanz (Merda et al. 2017) § Akzeptanz als Folge berufsfachlicher Aneignungschancen (Evans/Ludwig 2019) § Technikeinsatz wird im Arbeitsprozess erklärungsbedürftig (Hielscher et al. 2015) § Wandel der kommunikativen Alltagspraxis im Zusammenspiel von Klient*innen und Profession (Garkisch 2017) § Beschäftigte sehen Techniknutzung auch als Chance für moderne Beruflichkeit, aber Beteiligungsdefizite (Bräutigam et al. 2017) § Subjektive Effizienzgewinne bei unklarem Patientennutzen und steigende Arbeitsbelastungen (Bräutigam et al. 2017; DGB-Index „Gute Arbeit 2016/2018) Institut Arbeit und Technik 5

Perspektiven für Arbeitnehmer*innen (1): Kerntechnologie, digitale Standardisierung und Entscheidung (Mikroebene) » Doppeltes Transformationsproblem «,

Perspektiven für Arbeitnehmer*innen (1): Kerntechnologie, digitale Standardisierung und Entscheidung (Mikroebene) » Doppeltes Transformationsproblem «, » Steuerungslücke interaktiver Arbeit « (u. a. Dunkel/Weihrich 2012; Birken et al. 2012; Böhle et al. 2015; Dunkel/Weihrich 2018) Inhärente binäre Logiken sozialer DL-Arbeit: DL – Produkt, Subjekt – Objekt (hier: Subjekt), DL-Geber – DL-Nehmer, Expert*in – Laie, Profi – Klient*in, Wissen – Nicht-Wissen, Front-Stage – Back. Stage, Kooperation – Nicht-Kooperation… 1. Soziale DL-Arbeit & Kerntechnologie: Kommunikation, Fachwissen, Leitlinien etc. schafft Leitdifferenzen und ermöglicht Problemlösungen im praktischen Arbeitshandeln… 2. Digitalisierung als Re-Formatierung interaktiver Arbeit: Rechenbasierte Problemlösung im Verhältnis zur Kerntechnologie 3. Mögliche Wirkungen und Szenarien: 1. Überanpassung und Entfremdung, 2. Professionalisierung, 3. Innere Erosion 07 Dezember 2020 6

Digitale Technik in der » Interaktiven Arbeit «: Relevante Suchfelder und Zukunftsthemen für Arbeitnehmer*innen

Digitale Technik in der » Interaktiven Arbeit «: Relevante Suchfelder und Zukunftsthemen für Arbeitnehmer*innen § Unterscheidung von Nutzbarkeit und Nützlichkeit (Mehrwert/Wirkungsmessung) § Gelingende Dienstleistungsproduktion: Analyse der Ausprägungen auf einem Kontinuum von Co-Operation und Kooperation § Auswirkungen der Konsumerabilität von Klientenbedürfnissen & neuer Steuerungslogiken auf Leitdifferenzen professionellen Handelns: Wie verändern sich Konventionen professionellen Handelns? § Ausdifferenzierung und Re-Integrationserfordernisse im Kontext von » background «, » back stage «, » first front stage « und » second front stage « - Logiken § Auswirkungen auf subjektive Produktivitäts- und Identitätskonstruktionen (vgl. Arbeitsreport Krankenhaus (2017): Mehr Technik – bessere Arbeit? ) Institut Arbeit und Technik 7

2. Perspektiven für Arbeitnehmer*innen: Digitalisierung und Produktivitätsarrangements Szenario Programmatik Ausgewählte Merkmale Reaktive Digitalisierung „Weiter

2. Perspektiven für Arbeitnehmer*innen: Digitalisierung und Produktivitätsarrangements Szenario Programmatik Ausgewählte Merkmale Reaktive Digitalisierung „Weiter wie bisher, nur digital unterstützt“ • • • Technologischer Imperativ Anwenderfokus Verlängerung bestehender Steuerungs- und Entscheidungslogiken Adaptive Digitalisierung „Digitale Technik als Katalysator selektiver Aufwertungs- und Entlastungsstrategien“ • Selektiv-professioneller Imperativ Differenzierung Akzeptanz/Anwenderfokus Neue Steuerungs- und Entscheidungs» kartelle « • • Reflexive Digitalisierung „Digitale Technik als Motor für Enthierarchisierung, integrative Arbeitsmodelle und transprofessionelle Klientenunterstützung“ • • • Digitale Technik als Katalysator berufs- und qualifikationsübergreifender Professionalisierung Aneignungsfokus Transprofessionelle Steuerungsund Entscheidungsmuster Quelle: eigene Darstellung Institut Arbeit und Technik 8

Perspektiven für Arbeitnehmer*innen (3): Mitbestimmung und Interessenvermittlung Grundsätzlich: § Wandel von klassischen Schutzaktivitäten zu

Perspektiven für Arbeitnehmer*innen (3): Mitbestimmung und Interessenvermittlung Grundsätzlich: § Wandel von klassischen Schutzaktivitäten zu gestalterischen Aufgaben, Übernahme neuer Aufgabenbereiche im Kontext der digitalen Transformation (u. a. Minssen/Riese 2005; Wassermann 2002 ) § Interessenvertretungen in betrieblichen Innovationsprozessen: Differenzierende Typologien u. a. entlang der Dimensionen: Informationspolitik, Wissensaneignung und (Mit-)Gestaltung (u. a. Schwarz-Kocher et al. 2010; Kriegesmann et al. 2010; Niewerth 2015; Georg/Kathenkamp/Guhlemann 2017) § Besonderheiten der Interessenorganisation und -vermittlung in sozialen DL-Berufen: Alternativrollen, Zeitverwendungskonkurrenzen, Advokatorisches Berufsethos, Organisationsgrade, multiple Interessenvertretungsangebote mit klaren, aber unklar kommunizierten Verantwortlichkeiten, Fragmentierung der IV, Differenzierte berufsfachliche Ansprüche… (u. a. Evans et al. 2012; Schroeder et al. 2017; Evans/Ludwig 2019 i. E. ) Institut Arbeit und Technik 9

Jenseits von Akzeptanz: Aneignung und Capacity-Building Erfahrungen aus dem IAT-Projekt § Bisher: Akzeptanzsemantiken prägen

Jenseits von Akzeptanz: Aneignung und Capacity-Building Erfahrungen aus dem IAT-Projekt § Bisher: Akzeptanzsemantiken prägen Blick auf Mitarbeitende § Digitale Technik wird zum Motor der Unternehmens-/ Geschäftsfeldentwicklung § Herausforderung: Integration & Vermittlung betriebsspezifischer Kultur- und Changepraktiken § Erlebter Nutzen aus Sicht der Beschäftigen gerät z. T. in Konflikt mit Schutzaktivitäten von BR/MAV/PR § Ansprüche an moderne (advokatorische) Berufsfachlichkeit erfordern Aneignungsstrategien § Digitale Technik schafft neue (Ohn-)Machts- und Unsicherheitszonen, deren Bearbeitung Gestaltungskapazitäten der Betriebspartner fordern (z. B. Technikanbieter, spezialisierte Innovationsmanager*innen, aber auch: Beschäftigte/Klienten ) Institut Arbeit und Technik 10

Zusammenfassung & Schlussfolgerungen § Soziale DL-Arbeit hatte schon immer eine Kerntechnologie. § Analyse der

Zusammenfassung & Schlussfolgerungen § Soziale DL-Arbeit hatte schon immer eine Kerntechnologie. § Analyse der Folgen digitaler Technik im Arbeitsprozess auf berufsspezifische Kerntechnologie(n). § Zugang: Empirische Ausformung von Digitalisierungsszenarien (Überanpassung, Professionalisierung, Innere Erosion? ) § Zu beobachten ist der Wandel von Konventionen, Entscheidungsrelationen und Legitimationskontexten. § Mitbestimmung und digitale Transformation aus Sicht von Arbeitnehmer*innen: Nicht Akzeptanz, sondern Aneignung und Capacity Building! Institut Arbeit und Technik 11

Digitalisierung in der Altenpflege: Wie agieren BR/MAVen/PR? Institut Arbeit und Technik 12

Digitalisierung in der Altenpflege: Wie agieren BR/MAVen/PR? Institut Arbeit und Technik 12

IAT-Projekt Digi. KIK Herausforderung | Betriebliche Digitalisierungsstrategie, Personalentwicklung und Arbeitsgestaltung sind im Krankenhaussektor unzureichend

IAT-Projekt Digi. KIK Herausforderung | Betriebliche Digitalisierungsstrategie, Personalentwicklung und Arbeitsgestaltung sind im Krankenhaussektor unzureichend aufeinander abgestimmt. → Verlässliche Strukturen, Verfahren und Instrumente implementieren → Beteiligungsspielräume identifizieren & verankern → Sozialpartnerschaftliche Innovationskapazitäten erschließen ASKLEPIOS WESTKLINIKUM HAMBURG GMBH | ASKLEPIOS KLINIKEN LANGEN-SELIGENSTADT GMBH | KLINIKUM OSNABRÜCK GMBH |LVR KLINIK VIERSEN Seite 13 07. 12. 2020

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! evans@iat. eu Institut Arbeit und Technik 14

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! evans@iat. eu Institut Arbeit und Technik 14