Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpdagogische Manahmen Wer
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? und …Wie? Zweite individualpädagogische Fachtagung in Luxemburg 20. und 21. 9. 2017 Dr. Christopher Goepel, Kinder- und Jugendpsychiater/Psychotherapie Hôpital Kirchberg Service psychiatrique juvènile 9, rue E. Steichen L-2540 Luxembourg info@kannerpsychiater. lu
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? �Unter Mithilfe von: �Noëmie Fixemer, cand. psy. �Fabrice Mussel, ass. social �MERCI!!
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? 1 • Stationäre Aufnahme in stationärer Jugendpsychiatrie/Luxemburg, 23 Betten • Multiaxiale Diagnostik, therap. Interventionen 2 • Definition notwendiger pädagogischer Hilfen • Vorbereitung auf spezifische nachstationäre Hilfsmaßnahmen 3 • Begleitung des Übergangs in nachstationäre Maßnahme • Evtl. Verlaufsbegleitung
�Auswertung der Krankenakten von Jugendlichen, welche nach stationärer jugendpsychiatrischer Behandlung in eine einzelpädagogische Maßnahme überwiesen wurde �Zeitraum 2012 -2017, n=32 �Wer? : �Geschlecht; Alter, Einweisungsgründe; Diagnoseverteilung Behandlungsdauer �Woher? : �Vorerfahrung „Psychiatrie“, Vorerfahrung „stationäre Jugendhilfe“ �Weshalb? : �Rechtliche Basis, Zuweisungsmotive „einzelpädagogische Maßnahme“
Stationärer Jugendpsychiatrischer Prozessverlauf im Vorfeld einer Anschlussmaßnahme in der Jugendhilfe � Aufnahmekontext � Multiaxiale Diagnostik �Achse I: Klinische Diagnose (z. B. Sozialverhaltensstörung, ADHD, Bindungsstörung, Substanzmissbrauch, Persönlichkeitsentwicklung etc. ) �Achse III: Intelligenz �Achse IV: Körperliche Probleme (Übergewicht, Asthma etc. ) �Achse V: Psychosoziale Belastungen (Psychische der Eltern, Streitbeziehungen, ökonomische Belastungen, Arbeitslosigkeit, erzieherische Defizite etc. ) � Stationäre jugendpsychiatrische Behandlung �Definition operationalisierbarer und im Laufe einer stationären Behandlung erreichbarer Therapieziele (Reduktion von Impulsivität, Aggressivität, Selbstverletzungen etc. ) � Notwendigkeit pädagogischer Hilfen? �Welche? Umsetzung?
Stationärer Jugendpsychiatrischer Prozessverlauf im Vorfeld einer Anschlussmaßnahme in der Jugendhilfe � Indikationsstellung für Folgemaßnahmen im Rahmen der Jugendhilfe � Wenn Rückkehr ins häusliche Milieu nicht „best choice“ (10%) � Zur Stabilisierung des Behandlungserfolges, wenn familiäre Ressourcen nicht ausreichend („Rückfall“) � Erhebliche Restprobleme beim Jugendlichen, welche familiäre Ressourcen überfordern � Schwere familiäre Beziehungsstörungen absorbieren Ressourcen � Scheitern von anderen Maßnahmen
Stationärer Jugendpsychiatrischer Prozessverlauf im Vorfeld einer Anschlussmaßnahme in der Jugendhilfe �Indikationsstellung: Was muss es sein? �Analyse des Bedürfnisprofils des Jugendlichen lässt Differenzierung zwischen unterschiedlichen Betreuungsformen zu. �Also: �intensiv-pädagogische Einrichtungen �Intensiv-pädagogische Einrichtungen mit integrierter Schule �Fakultativ-geschlossenen Einrichtung �Einrichtung für hochspezifische Bedürfnisse, welche sich aus einer besonderen Problematik ableiten (z. B. Jugendliche mit psychotischer Grundstörung, Borderline-PS mit komorbiden Problemen) �Einzelpädagogische Maßnahmen (Binnendifferenzierung)
Geschlechterverteilung Jugendliche aus „Nationaler Jugendpsychiatrie Luxemburg“ in einzelpädagogische Maßnahmen (2012 -2017, n=32) weiblich 28% männlich 72%
Eintrittsalter „Psychiatrie“ in Jahren vor Individualpädagogischer Maßnahme (Min. 11/Max. 16/ Durchschnitt 14 Jahren) 18 16 16 14 Alter 12 11 10 8 6 4 2 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 ID # Jugendlicher
Dauer „Psychiatrieaufenthalt“ in Tagen vor Übergang in einzelpädagogische Maßnahmen (Max=210 d , Min=15 d , Durchschnitt=108 d, Durchschnitt „andere Pat. “ ca. 22 d) 275 220 165 110 55 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32
Rechtliche Grundlage der nachstationären pädagogischen Einzelmaßnahme 3% 97%
Verteilung der Erstdiagnosen (ICD-10): Jugendliche beim Übergang in einzelpädagogische Maßnahmen (2012 -2017; n=32) F 90. 1 - Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens 3% 3% 6% 13% F 90. 8 - Sonstige Hyperkinetische Störungen 50% 19% F 92. 8 - Sonstige kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen F 91. 2 - Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen F 84. 8 - Sonstige tief greifende Entwicklungsstörungen F 70. 0 - Leichte Intelligenzminderung : Keine oder geringfügige Verhaltensstörung
„Psychiatrische Vorerfahrungen“ bei Jugendlichen vor dem Übergang in eine einzelpädagogische Maßnahme (2012 -2017; n=32) Klinik Ausland CHL Hôpital de Jour keine Klinik SNPJ 0 2. 5 5 7. 5 Anzahl Jugendliche für Einzelmaßnahmen 10 12. 5
„stationäre Jugendhilfevorerfahrungen“ bei Jugendlichen vor dem Übergang in eine einzelpädagogische Maßnahme aus der Jugendpsychiatrie (2012 -2017; n=32) IMP "AUSLAND" Internat Foyer. . . Keine. . . Foyer basic 0 3 6 9 Anzahl Jugendliche für Einzelpädagogische Maßnahmen 12
Einweisungsgründe in Jugendpsychiatrie bei Jugendlichen mit einzelpädagogischem Förderbedarf (Mehrfachnennungen möglich) Suizidvers. . . Essstörung Angst Automutil. . . Substanz. . . Delinquenz Promiskuität Suizidgeda. . . Weglaufte. . . Schulversa. . . Agressives. . . 0 2. 25 4. 5 6. 75 9 11. 25
Diagnoseergänzende Symptome (neben der Háuptdiagnose) Mehrfachnennungen möglich Andere 1 Sexualisierndes Verhalten 1 Promiskuität 1 Emotionale Dysregulation 1 Suizidalität 1 Symptome nach Traumatisierung 1 Akzentuierte Persönlichkeitszüge 2 Emotionale Labilität 2 Delinquenz 2 Selbstverletzungen 3 Substanzmissbrauch 4 Keine 6 Auffälliges Bindungsverhalten 7 0 1. 75 3. 5 5. 25 7 8. 75
Hauptmotive für einzelpädagogische Maßnahmen im Anschluss an einen jugendpsychiatrischen Aufenthalt aus professioneller Sicht (nach Auswertung der Arztbriefe) keine 0 Eltern / Jugendlicher lehnen stat. Massn. ab 0 Distanz vom belastenden Umfeld 0 aussergewöhnliche schulische Bedürfnisse 1 letzte Möglichkeit 1 extrem auffälliges Bindungsverhalten Scheitern stationärer Massnahmen 5 8 gruppenunfähigkeit 17 0 4. 5 9 13. 5 18
Axe V - Psychosoziale Faktoren 4. 1 unzureichende elterliche Aufsicht/Steuerung 5. 1 abweichende Elternsituation 3. Inadäquate/verzerrte intrafamiliäre Kommunikation 1. 2 feindl. Ablehng. /Sündenbockzuweisg. gegenüber. . . andere 0 3 3 1 1 11 6 5 9. 2 abhäng. Ereignisse, die zur Herabsetzung der. . . 0 0 0 0 0 0 9. 0 institutionelle Erziehung 8. 1 Sündenbockzuweisung durch Lehrer/Ausbilder 7. 1 Migration oder soziale Verpflanzung 6. 5 unmittelbare, beängstigende Erlebnisse 6. 3 Ereignisse, die zur Herabsetzg. d. Selbstachtg. Führen 6. 1 bedrohl. Umstände infolge von Fremdunterbringung 5. 3 Lebensbed. mit mögl. psychosoz. Gefährdung 4. 3 unangem. Anforderungen/Nötigungen durch Eltern 2. 2 Behinderung der Geschwister 1. 4 sexueller Mißbrauch (innerhalb der Familie) 1. 0 Mangel an Wärme in der Eltern-Kind Beziehung 0 3 6 9 12
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? � Erste Zusammenfassung �„schwierige Population“ � 75% Jungen �häufige „Jugendhilfe- und Psychiatrieerfahrungen“ �Meist Jugendgericht eingeschaltet �Psychosoziale Belastungen �Häufiges Erleben von Scheitern (z. B. Herausnahme aus Familie, Schule) in der Vorgeschichte �Fast ausschließlich komplexe, chronische und „expansive“ Diagnosen plus Zusatzsymptome � häufige zusätzliche und erhebliche Auffälligkeiten im Bindungsverhalten �„Gruppenunfähigkeit“ �Längerer stationärer Aufenthalt in der Jugendpsychiatrie vor Übergang in einzelpädagogische Maßnahmen die Regel
Stationärer Jugendpsychiatrischer Prozessverlauf im Vorfeld einer Anschlussmaßnahme in der Jugendhilfe � Mit wem wird gearbeitet? �Jugendliche-r �Familiäres Umfeld �Professionelles Helfersystem (wegen Komplexitätsreduktion Prioritäten setzen!) �In der praktischen Arbeit meist Prozessverlauf in umgekehrter Reihenfolge!
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? � Zielsetzung am Ende der Vorbereitung: �Realisierung der Hilfeform (hier: individualpädagogische Maßnahme), welcher für den Jugendlichen/die Jugendliche die größte Wahrscheinlichkeit beinhaltet, seinen weiteren Entwicklungsverlauf noch so günstig wie möglich zu beeinflussen �„Heilung“ (im medizinischen Sinne) ist Zielgruppe aufgrund der Chronizität (Dissozialität, Bindungsstörungen etc. ) und oft bereits ungünstig beeinflusste Persönlichkeitsentwicklung (Gewalterfahrungen, tiefgreifende Verunsicherung aufgrund traumatischer Erfahrungen und Vernachlässigung, ↑ Frustrationsneigung, niedriger Selbstwert, chronische Entwertungen etc. ) eher unwahrscheinlich �„Wunder gibt es immer wieder“ (durch Hilfeform werden plötzlich vorhanden aber unterdrückte Ressourcen freigesetzt)
http: //ensemble-online. eu/de/home/ An der Schnittstelle von Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe BEST PRACTICE für einen gelungenen Übergang Erste individualpädagogische Fachtagung in Luxemburg 29. Und 30. September 2016 Dr. Christopher Goepel, Kinder- und Jugendpsychiater/Psychotherapie Hôpital Kirchberg Service psychiatrique juvènile 9, rue E. Steichen L-2540 Luxembourg info@kannerpsychiater. lu
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? � Vorbereitung und Umsetzung einer individualpädagogischer Maßnahme : �Erfahrungen aus der Schnittstellenarbeit. �Je besser Jugendlicher die Notwendigkeit und Erwartungen einer Anschlussmaßnahme nachvollziehen kann, desto eher kann er sich auf Maßnahme einlassen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er davon profitiert. � Wie familiäres Umfeld (Eltern, Geschwister, Restfamilie) ein solche Maßnahme mitträgt, hat Einfluss auf Jugendlichen �Konsistente Einstellungen desto professionellen Hilfesystems wirkt sich positiv auf Jugendlichen und Eltern aus
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? �Wie können unsere Ergebnisse zur Verbesserung der Vorbereitung von Jugendliche auf individualpädagogische Maßnahmen genutzt werden? �z. B. Indikationsstellung �Vorbereitung �Umsetzung
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? �Was ist bei der Arbeit mit dem Jugendlichen zu beachten? �Indikationsstellung für individualpädagogische Maßnahme („typisches Muster“) der Stichprobe �Gruppenunfähigkeit (fehlende soziale Fertigkeiten, geringe Empathie, destruktives Beziehungsverhalten) �Expansives Verhaltensmuster (Regelprobleme etc. ) �Schulversagen �Bindungsauffälligkeiten �Berücksichtigung der meist negativen Erfahrungen des Jugendlichen im Umgang mit pädagogischen Hilfen bei der Vorbereitung (Motivationsbildung)
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? � Was ist bei der Arbeit mit dem Jugendlichen zu beachten? �Berücksichtigung aller Auffälligkeiten bei Auswahl der Projektstelle und Abstimmung des Hilfeplans �Evtl. spezifische Unterstützung der Projektstelle (bzgl. Umgang mit Auffälligkeiten im Bindungsverhalten, Selbstverletzungen etc. ) �Bedeutung für Beschulung vor dem Hintergrund der Vorerfahrungen (realistische Erwartungen, Flexibilität bzgl. Dauer und Niveau) �Vor dem Hintergrund der Vorgeschichte und der Bindungsauffälligkeiten steht zunächst meist „Aushalten“ auf dem Programm („Austesten“ der Jugendlichen, Provozieren von Abbrüchen als bekanntes Muster)
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? � Was ist bei der Arbeit mit den Eltern zu beachten? �Engmaschige Betreuung („Coaching“) der Eltern bis zur Umsetzung (Aufnahme des Kindes) �Eingehen auf Sorgen, Bedenken, Koalitionsbildungen (Kind. Elternteil), Umgang mit autosuggestiven Prozessen („der falsche Film“), Wie viel Kontakt? �Trotzdem Konfrontation mit faktischen Gegebenheiten (Wartezeit, Rolle des Jugendgerichts etc. ) �Aktivierende Einbindung in Vorbereitung (Pass, Kleidung etc. ) erhöht Identifizierung �Teilnahme an Vorstellung in Institution oder mit Vertretern der Träger (Verbindlichkeit, Identifizierung) �Begleitung bei Übernahme �Nachbetreuung
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? � Was ist bei der Arbeit mit den Eltern in der Vorbereitung zu beachten? �Oft jahrelange Vorgeschichte aufgrund der Auswirkungen der Auffälligkeiten des Kindes („chronisch“), „Erfahren“ �Wechselhafte Erfahrungen mit Helfersystemen aufgrund mehrfacher psychiatrischer Behandlungen und Aufenthalten in Jugendhilfemaßnahmen (ambulant, stationär) � Enttäuschungen, Frustrationen und unerfüllte Erwartungen diesbezüglich (emotionales Thema) �Ablehnende bis feindliche Haltung ggü. Professionellen bzw. Jugendgericht möglich �Eigene psychische Auffälligkeiten (Impulsivität, emotionale Instabilität, Gewalt, Delinquenz und
Die Vorbereitung von Jugendlichen auf individualpädagogische Maßnahmen Wer? Woher? Weshalb? � Was ist bei der Arbeit mit den Eltern in der Vorbereitung zu beachten? – Fortsetzung �Reaktivierung eigener (negativer) Erfahrungen im Umgang mit Fremderziehung und Jugendgericht �Erfahrungen mit Instrumentalisierung und Manipulation von Helfersystem �Individualpädagogische Hilfe wird kritiklos als „Wunderheilung“ angesehen und eigene Anteile an Störungsentstehung und -aufrechterhaltung so verdrängt �Individualpädagogische Hilfe bekommt „Eventcharakter“ �Gefühle von Eifersucht und Konkurrenz zu individualpädagogischer Betreuungsstelle komplizieren Vorbereitung (Loyalitätskonflikte des Jugendlichen)
Häufige Fehler bei der Vorbereitung eine individualpädagogischen Maßnahme (IM) � Unter anderem: � IM als „letzter Ausweg“ ohne ausreichende Diagnosestellung, Bedarfsanalyse und Vorbereitung (Zeitfaktor) � Nicht ausreichende Abklärung der Bindungsproblematik (Belastung der Projektstelle!) � Erwartungen im Umfeld (Familie)zu hoch bzgl. Verlauf und Dauer (Enttäuschung und Frustration) der IM � Zulassen von Manipulation und Instrumentalisierung bei Jugendlichen und Umfeld („alte Muster“) - Abbruchgefahr
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