Die psychologische Dimension von Wandel Die individuelle Ebene
Die psychologische Dimension von Wandel Die individuelle Ebene von Organisationsentwicklungsprozessen September 2005 CHE-Hochschulkurs: „Fakultätsmanagement: von der Verwaltung zur Geschäftsführung“ 1
Übersicht I. Warum ist Widerstand ein Thema von Wandel? II. Was ist Widerstand und wie äußert er sich? III. Was sind Gründe für Widerstand? IV. Wie kommt Widerstand eigentlich zustande? Oder: Warum fällt Veränderung so schwer? V. Was kann man tun? September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 2
I. Change Management - eine Mode? p Online Befragung der internationalen Beratergruppe „Change Facilitation“, an der 562 Berater, Trainer, Führungskräfte und HRManager aus Profit- und Non-Profit-Organisationen teilgenommen haben p „Glänzende Zukunftsaussichten für Change Management“, weltweit taugliches Konstrukt (89% Zustimmung) p „Change-Management-Wissen wird langsam Allgemeingut“, neben Top Management sind auch in mittleren und unteren Führungsetagen sehr viel mehr Change Management Projekte zu finden. p 69% der Befragten berichten von gescheiterten Change Projekten; Gründe: fehlende Unterstützung von oben, fehlende Einbindung aller Stakeholder, Kommunikationsmängel sowie allgemeine Widerstände gegen Wandel (Manager. Seminare, Juli 2005, S. 9) September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 3
I. Die Rolle der psychologischen Dimension p Nach Schätzungen erreichen ca. 2/3 der geplanten Veränderungsprozesse erreichen ihre Ziele nicht oder scheitern gänzlich. p Gründe: vielfältiges Zusammenspiel verschiedener Ursachen, u. a. ein falsches Menschen- und Organisationsbild. p Organisationen sind keine Maschinen und Menschen keine Rädchen im Getriebe, die nach „Anordnung der Änderung“ „umschalten“ werden. p Es gilt den Menschen aktiv für Veränderung zu gewinnen! (Rosenstiel & Comelli, 2004) (Greif et al, 2004) September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 4
I. Ebenen des Wandels in der Hochschule Sytemebene Staat Ebene der Institution Einzelne Universität Ebene der Basiseinheiten Fakultäten / Departments Ebene der Individuen Angestellte / Mitarbeiter September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 5
II. Was ist Widerstand? Widerstand ist eine Kraft, die auf den Erhalt bzw. die Widerherstellung des Status Quo gerichtet ist und versucht die geplante Veränderung zu behindern oder zu stoppen. Akzeptanz als Gegenteil von Widerstand ist erreicht, wenn eine positive Handlungsbereitschaft besteht. (z. n. Taut, 2001) Symptome (in Anlehnung an Doppler & Lauterburg, 2002 ) Verbal (Reden) Non-verbal (Verhalten) Aktiv (Angriff) Widerspruch Gegenargumentation, Vorwürfe, Drohungen, Polemik, sturer Formalismus Aufregung Unruhe, Streit, Sitzstreik, Gerüchte, Cliquenbildung, Passiv (Flucht) Ausweichen Schweigen, Blödeln, Bagatellisieren, ins Lächerliche ziehen, Unwichtiges debattieren Lustlosigkeit Unaufmerksamkeit, Müdigkeit, Fernbleiben, innere Emigration, Krankheit September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 6
III. Wieso so viel Widerstand in Universitäten? Widerstand fördernde Charakteristika Universität normative Orientierung hoher Entscheidungsfreiraum/Autonomie hohe Verantwortung lange Verweildauer in Position ( ) Vorwürfe durch Vorgesetzte (Pellert, 1999; Wottawa, 2001) September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 7
III. Gründe für Widerstand Angst vor Machtverlust andere Überzeugungen Angst vor Neuem Prinzip des Selbstwertschutz Bedrohung der Autonomie Gewohnheiten … (z. B. Robbins, 2003) September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 8
IV. Mögliche Abwehrmechanismen p Zu starker Druck von außen, grundlegende Umstrukturierungen werden als Bedrohung der Freiheit erlebt und können Reaktanz hervorrufen. p Warum Veränderungen manchmal so schwer sind: Mechanismen des Selbstwertschutzes können zur emotionalen Abwehr und zu einer hedonistischen Verzerrung führen (als Beispiele für mögliche kognitive Prozesse). September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 9
IV. Reaktanztheorie nach Brehm (1966) Individuen haben die Freiheit, bestimmte Verhaltensweisen auszuführen. Wird die Freiheit eingeschränkt oder droht eine Einschränkung, entsteht das psychisches Bedürfnis, Freiheit wiederherzustellen. Man bezeichnet dieses Bedürfnis als Reaktanz. Konsequenz: Individuen zeigen Verhaltensweisen, die darauf zielen, die wahrgenommene Freiheitseinengung wieder aufzuheben (Reaktanzverhalten). Das Ausmaß der Reaktanz hängt ab von: der Wichtigkeit der bedrohten Freiheit und der Stärke der Freiheitseinengung September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 10
IV. Reaktanztheorie nach Brehm (1966) mögliches Reaktanzverhalten Versuch, Freiheit direkt wieder herzustellen Versuch, Freiheit indirekt wieder herzustellen Abwertung der eingeschränkten Verhaltensweise Aggressivität Beispiel: Dienstanweisung, keine roten Krawatten mehr zu tragen Person argumentiert gegen die Regel oder ignoriert die Regel und trägt weiterhin eine rote Krawatte. September 2005 Person weicht aus und trägt eine grüne Krawatte. Person findet rote Krawatten unmodern und trägt sie nicht mehr. Dipl. -Psych. Maren Hiltmann Person kommentiert die Anordnung negativ. 11
IV. Emotionale Abwehr Einschätzung eines Vorschlages oder Anweisung zu neuem Verhalten Neues Verhalten ist subjektiv besser Ich hätte mich auch vorher schon besser verhalten können Ich bin an den Missständen in der Vergangenheit schuld Ich bin ein Versager September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 12
IV. Emotionale Abwehr Einschätzung eines Vorschlages oder Anweisung zu neuem Verhalten Neues Verhalten ist subjektiv schlechter Ich hätte mich auch vorher nicht besser verhalten können Ich habe mich immer optimal verhalten Ich bin toll! September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 13
IV. Emotionale Abwehr Wer ist gerne ein Versager ? September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 14
IV. Die hedonistische Verzerrung Entscheidung der Person Erfolg meine Fähigkeiten Misserfolg meine Hartnäckigkeit Kampagne der Konkurrenz September 2005 Inkompetenz anderer „Misserfolg war von mir nicht zu vermeiden. “ „Ich bin toll. “ Erhöhung des Selbstwertgefühls Pech Abwertung anderer Dipl. -Psych. Maren Hiltmann Zunahme der Änderungsresistenz 15
V. Was kann man tun? Prävention Ø transparente Veränderungsprozesse: Information, Kommunikation Ø Beteiligung und gemeinsame Entscheidungsfindung => bessere Entscheidungen, aber auch um Motivation und Commitment zu erzeugen - Motto: „Verändern macht mehr Spaß als Verändert-Werden“ (Berner, 2002) Ø Vertrauen Ø kleine Entwicklungsschritte (Akzeptanzteppich) Ø Inseln der Stabilität und Sicherheit Ø Unterstützungsmaßnahmen (Information, Fortbildung) Konstruktiver Umgang mit auftretendem Widerstand Ø Raum geben für Widerstand. Ø Die Gründe und Botschaften des Widerstandes erkennen und aufnehmen. Ø Mit dem Widerstand gehen und gemeinsam weitere Wege suchen. September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 16
Verwendete Literatur Berner, W. (2002). Reaktanz: Die Feinmechanik des Widerstands [online, http: //www. umsetzungsberatung. de/psychologie/reaktanz. php]. Doppler, K. & Lauterburg, Ch. (2002). Change Management. Den Unternehmenswandel gestalten. Campus. Greif, S. , Runde, B. & Seeberg, I. (2004). Erfolge und Misserfolge beim Change-Management. Göttingen: Hogrefe. Pellert, A. (1999). Die Universität als Organisation. Die Kunst, Experten zu managen. Wien: Böhlau. Pellert, A. (2003). Organisationsentwicklung [online Skript, 22. 03. 2003]. Robbins, S. P. (2003). Organizational Behavior (10 th ed. ) Upper Saddle River, NJ: Prentice Hall. Rosenstiel, L. von & Comelli, G. (2004). Führung im Prozess des Wandels. Wirtschaftspsychologie aktuell, 11 (1), 30 -34. Taut, S. (2001). Psychologische Erklärungsansätze für Widerstand gegen Programmevaluation. Köln (Diplomarbeit, Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie). Wottawa, H. & Gluminski, I. (1994). Psychologische Theorien für Unternehmen. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. Wottawa, H. (2001). Qualitätsmanagement durch Zielvereinbarung. In C. Spiel (Hrsg. ), Evaluation universitärer Lehre – zwischen Qualitätsmanagement und Selbstzweck (S. 151 -163). Münster: Waxmann. September 2005 Dipl. -Psych. Maren Hiltmann 17
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