Die Odyssee der FBB Zwischen der Skylla Insolvenz
Die Odyssee der FBB Zwischen der Skylla Insolvenz und der Charybdis Schuldenfalle mit der Hydra Corona im Nacken Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf und Harald Krehl © 2020 Prof. em. Dr. h. c. Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf und Dr. Harald Krehl
Inhaltsverzeichnis Die Odyssee der FBB 1 Die Ziele der Studie 2 Die Methodik der Studie 3 Die Befunde der Studie 4 Die Implikationen der Studie © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 2
Die Ziele der Studie Zur Ausgangslage: Die Entwicklung der FBB von 2005 bis 2018 Die FBB erlebte das stärkste Passagierwachstums aller großen deutschen Flughäfen. Trotzdem häufte die FBB immer mehr operative Verluste an - alle anderen großen deutschen Flughäfen machten Gewinne – insbesondere Frankfurt und München. Ursächlich hierfür waren die sehr geringen Umsatzerlöse pro Passagier und die hohen Belastungen durch Zinsen und Abschreibungen. Die geringen Umsatzerlöse pro Passagier hängen von der Zielgruppe ab, die hohen Zinsen und Abschreibungen sind eine Folge der Kostenexplosion des BER-Projektes. Was bedeutet dies für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der FBB? © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 3
Die Ziele der Studie Bei der FBB steigen die Passagierzahlen am stärksten (2005=100) Entwicklung der Passagierzahlen 2005=100 210. 0 190. 0 170. 0 150. 0 130. 0 110. 0 90. 0 2005 2006 2007 FBB DUS 2008 2009 München 2010 Frankfurt 2011 Hamburg 2012 Köln-Bonn 2013 2014 Stuttgart © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 2015 2016 2017 2018 Oslo Gardermoen 4
Die Ziele der Studie Definition der Kennzahl Operatives Ergebnis Das Operative Ergebnis vor Steuern wird wie folgt definiert: Umsatzerlöse - Materialkosten - Personalkosten - Sonstige betriebliche Aufwendungen - Abschreibungen - Zinsen und ähnliche Aufwendungen = Operatives Ergebnis vor Steuern. © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 5
Die Ziele der Studie Bei der FBB kumulieren sich Verluste – bei den anderen Flughafen-Gesellschaften Gewinne Kumulative Operative Ergebnisse 2700. 0 2200. 0 1700. 0 1200. 0 700. 0 200. 0 -300. 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 -800. 0 -1300. 0 -1800. 0 FBB Cologne-Bonn Stuttgart HH Düsseldorf Munich Frankfort © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl Avinor 6
Die Ziele der Studie Die neue Studie analysiert die Überlebensfähigkeit der FBB in den Jahren 2019 bis 2023. Es geht um folgende Fragen: 1. Kann die FBB eine Insolvenz aufgrund von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vermeiden? 2. Wie groß ist die Gefahr, dass das gerettete Unternehmen in eine Schuldenfalle gerät, aus der es sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien kann? 3. Was könnte getan werden, um die Lage der FBB zu verbessern? 4. Welche Lehren sind aus diesem Fall zu ziehen für Großprojekte Öffentlicher Unternehmen? Um diese Fragen zu beantworten, wird eine integrierte Prognose der Entwicklung der FBB hinsichtlich Erfolgs-, Finanz- und Vermögenslage durchgeführt – und zwar für vier verschiedene Szenarien des wirtschaftlichen Kontextes. © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 7
Inhaltsverzeichnis Die Odyssee der FBB 1 2 Die Ziele der Studie Die Methodik der Studie 3 Die Befunde der Studie 4 Die Implikationen der Studie © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 8
Die Methodik der Studie In dieser Studie geht es um eine Prognose der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der FBB. Es geht um die Frage, was in Zukunft geschehen würde, wenn bestimmte Randbedingungen vorliegen. Dabei ergeben sich folgende methodische Fragen: 1. Welche Randbedingungen werden unterstellt, welche Szenarien werden modelliert? 2. Welcher Zeitraum wird prognostiziert, welche Phasen werden unterschieden? 3. Welche Annahmen werden zum Verhalten der FBB und ihrer Geschäftspartner getroffen? © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 9
Die Methodik der Studie Die vier Szenarien dieser Studie In der Studie werden vier Szenarien unterschieden: - Zwei Szenarien bei denen ein konjunktureller Einbruch unterstellt wird und - Zwei Szenarien, bei denen die Wirkungen der Corona-Pandemie modelliert werden. Damit können wir abzuschätzen, wie stark sich die Corona-Pandemie auf die wirtschaftliche Entwicklung der FBB auswirkt – im Vergleich zum bisher erwarteten Konjunktureinbruch. Die jeweils zwei Szenarien in den beiden Welten ohne und mit Corona-Pandemie unterscheiden sich dadurch, wie stark der Rückgang der Passagiere im Jahr 2020 ausfallen wird und wie rasch die Passagierzahlen in den Jahren 2021 bis 2024 wieder zunehmen werden. Aus der Entwicklung der bisherigen Konzernbilanzen, der erwarteten Entwicklung der Passagierzahlen und den Verhaltensannahmen kann abgeleitet werden wie sich die Umsatzerlöse, die Aufwendungen, die Kapitalflüsse sowie die Aktiva und Passiva der FBB entwickeln werden. © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 10
Die Methodik der Studie Die Szenarien dieser Studie: Modellierte Entwicklung der Passagierzahlen der FBB 40000 35669 35205 33529 33272 31389 37349 36261 35641 34603 34031 32105 38470 36710 35052 31268 30000 39624 37812 36103 32206 29779 26754 25000 20000 25895 19919 15000 14863 13280 10000 2019 2020 Einmaliger Einbruch 2021 Andauernder Einbruch 2022 2023 Corona Einmaliger Einbruch 2024 2025 Corona Andauernder Einbruch © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 11
Die Methodik der Studie Der prognostizierte Zeitraum und dessen Phasen Die integrierte Prognose erfolgt für den Zeitraum 2019 bis 2023. Das Jahr 2019 liegt in der Vergangenheit, aber da noch keine Konzernbilanz für 2019 vorliegt, muss auch dieses Jahr prognostiziert werden. Es wird in allen vier Szenarien gleich modelliert. Da die Passagierzahlen bereits bekannt sind, ist die Unsicherheit dieser Prognose geringer. Der Prognosezeitraum unterteilt sich in zwei Phasen. In den Jahren 2019 und 2020 finden auf dem Gelände des BER vor allem Prüfungen statt um die Genehmigungen zu erhalten. Außerdem erfolgen der Umzug zum BER, die Stilllegung von Tegel und der Anlauf des BER incl. Terminal 2. In den nachfolgenden Jahren findet der Betrieb 2021 -2023 statt. © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 12
Die Methodik der Studie Die Verhaltensannahmen Um eine Prognose zu ermöglichen müssen definierte Annahmen getroffen werden. Aktivitäten der Vergangenheit führen zu Zahlungsströmen und Buchungen in den prognostizierten Jahren: Schallschutzmaßnahmen werden bezahlt, im Bau befindlichen Anlagen werden fertiggestellt und abgeschrieben. Beantragtes Kurzarbeitergeld wird bezahlt. Das Verhalten der Banken bleibt gleich. Finanzbedarfe der FBB werden weiterhin finanziert und die Parlamente der Gesellschafter übernehmen hierfür weitere Bürgschaften. Das bilanzpolitische Verhalten bleibt gleich. Die FBB nimmt keine außerordentliche Abschreibung des Anlagevermögens des BER vor. Dieser Sachverhalt wird gesondert gewürdigt. Die EU toleriert, dass die Eigentümer weitere Bürgschaften übernehmen und die Banken weitere Kredite gewähren. Dieser Sachverhalt wird gesondert gewürdigt. Einlagen oder Darlehen der Gesellschafter, die noch nicht von den Parlamenten beschlossen wurden, werden auch noch nicht berücksichtigt. Dieser Sachverhalt wird gesondert gewürdigt. © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 13
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Die Befunde der Studie Befunde zur Erfolgslage © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 15
Die Befunde der Studie Bewertung der Befundes zur Erfolgslage 2019 weisen alle Szenarien einen gleich hohen Verlust aus, weil die Szenarien erst 2020 beginnen. 2020 sehen wir bei allen vier Szenarien einen hohen Verlust: Schallschutzmaßnahmen werden bezahlt, die vorher noch im Bau befindlichen Anlagen werden fertiggestellt und abgeschrieben. Bei den Szenarien 3 und 4 reduziert sich der Personalaufwand durch bezahltes Kurzarbeitergeld. In der Betriebsphase 2021 -2023 werden in allen Jahren bei allen vier Szenarien Verluste realisiert. Diese Verluste nehmen im Zeitablauf ab, weil wir uns in einer Erholungsphase vom konjunkturellen Einbruch oder von der Pandemie befinden. Kumuliert über alle 5 Jahre (2019 -2023) ergeben sich für alle 4 Szenarien hohe Verluste. Sie liegen zwischen 1, 5 und 1, 9 Milliarden Euro. © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 16
Die Befunde der Studie Bewertung der Befundes zur Erfolgslage Der Vergleich von Szenario 1 und 3 sowie von Szenario 2 und 4 zeigt, dass die zusätzlichen Verluste durch die Pandemie circa 14% betragen. Ein beachtlicher Effekt, aber die insgesamt sehr hohen Verluste beruhen auf den strukturellen Problemen, nicht auf den akuten. Kumuliert über die letzten 5 Jahre (2014 -2018) ergab sich ein Verlust von 797 Millionen Euro, über die Jahre (2009 -2013) von 705 Millionen. Dies bedeutet: Die Wertvernichtung hat sich beschleunigt. Denn in den prognostizierten 5 Jahren (2019 -2023) wird beim Szenario 3 mit 1, 754 Milliarden mehr Wert vernichtet als in der Summe der 10 Jahre davor (1, 502 Milliarden). © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 17
Die Befunde der Studie Befunde zur Finanzlage Ungedeckter Kapitaldienst = Cash Flow aus lfd. Geschäft - Zinsen - Tilgung Fremdkapital Kapitalbedarf = Summe von außen zugeführtes Kapital p. a. um Zahlungsunfähigkeit zu verhindern © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 18
Die Befunde der Studie Befunde zur Finanzlage Ungedeckter Kapitaldienst = Cash Flow aus lfd. Geschäft - Zinsen - Tilgung Fremdkapital Kapitalbedarf = Summe von außen zugeführtes Kapital p. a. um Zahlungsunfähigkeit zu verhindern © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 19
Die Befunde der Studie Bewertung der Befunde zur Finanzlage Die Befunde dokumentieren den kumulierten Finanzbedarf der 5 Jahre 2019 -2023. Der ungedeckte Kapitaldienst liegt zwischen einer Milliarde und 1, 3 Milliarden Euro. So viel müsste zugeschossen werden, damit die FBB Zinsen und Tilgung bezahlen kann. De facto werden aber zwischen 1, 5 und 1, 8 Milliarden von den Banken finanziert, weil nicht nur Zinsen und Tilgungen bezahlt werden mussten. Der Blick auf die weitere Zukunft zeigt, dass ab 2024 nach überwundener Pandemie (Szenario 3) folgende Kapitalbedarfe jedes Jahre zu decken sind: - 120 Millionen Euro: ungedeckter Kapitaldienst - 150 Millionen Euro: zur Vermeidung von Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit - 300 Millionen Euro: wenn auch Investitionen zur Substanzerhaltung durchgeführt werden Die FBB ist ein Zuschussbetrieb und ein akuter Sanierungsfall. © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 20
Die Befunde der Studie Befunde zur Entwicklung des Eigenkapitals Die Quantifizierung der außerplanmäßigen Abschreibung wird im Kapitel 8 Artikels beschrieben. © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 21
Die Befunde der Studie Bewertung der Befunde zur Entwicklung des Eigenkapitals Die Befunde zur Entwicklung des Eigenkapitals dokumentieren ab wann eine Überschuldung vorliegen wird (negatives Eigenkapital) und wie hoch die Überschuldung ausfällt. Bei einer rein planmäßigen Abschreibungen tritt eine Überschuldung bei allen vier Szenarien spätestens ab 2022 ein, im Szenario 4 sogar ab 2021 Bei einer außerplanmäßigen Abschreibung auf den beizulegenden Wert in Höhe von angenommenen 3 Milliarden Euro tritt eine Überschuldung bei allen vier Szenarien bereits im Jahr 2019 ein. Dieses Jahr liegt in der Vergangenheit, der Abschluss ist aber noch nicht festgestellt und müsste die Auswirkungen der Zukunft, die bereits bekannt sind, berücksichtigen. Die FBB ist ein akuter Sanierungsfall – gemessen an der sehr hohen Überschuldung © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 22
Inhaltsverzeichnis Die Odyssee der FBB 1 Die Ziele der Studie 2 Die Methodik der Studie 3 Die Befunde der Studie 4 Die Implikationen der Studie © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 23
Die Implikationen der Studie Handlungsempfehlungen zum aktuellen Fall FBB Notwendig ist eine effektive Sanierung – ohne diese wird die FBB - Nicht aus der Verlustsituation herauskommen - Nicht aus der Überschuldungssituation herauskommen - Nicht aus der Schuldenfalle herauskommen - Nicht aus der Liquiditätsbedrohung herauskommen Eine effektive Sanierung bedeutet: Starke Entschuldung, Verbesserung der Erlössituation, Verringerung der Kosten, Definition von Maßnahmen, dies ermöglichen. Erforderlich ist auch eine transparente, zeitnahe, genaue und zutreffende Berichterstattung sowie eine wirksame Kontrolle durch kompetente unabhängige Stellen mit Sanktionsmacht. Ferner muss die missbräuchliche Aushebelung der Schuldenbremse durch Gewährung von Bürgschaften an öffentliche Unternehmen jenseits deren Verschuldungskapazität begrenzt werden. © 2020 Hans Georg Gemünden, Karl-Heinz Wolf, Harald Krehl 24
Danke für Ihre Aufmerksamkeit ! Ihre Fragen bitte ! Prof. em. Dr. habil. Dr. h. c. Hans Georg Gemünden Hans. Gemuenden@tim. tu-berlin. de © 2020 Prof. em. Dr. h. c. Hans Georg Gemünden 25
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