Die Kraniche des Ibycus Eine klassische Ballade von
Die Kraniche des Ibycus. Eine klassische Ballade von Schiller nach einer ‘Idee’ von Goethe Vortrag von Univers. -Prof. a. D. Dr. Rudolf Drux, Köln [Zur Vergegenwärtigung der Ballade wird ihre Rezitation von Wolfgang Gerber empfohlen, abrufbar unter dem Link https: //www. youtube. com/watch? v=Joc-VCss. Gb 4. Schillers Balladen werden zitiert nach: Friedrich Schiller: Werke in drei Bänden. Hrsg. von Herbert W. Göpfert. Bd. II. Darmstadt: WBG, 5. Aufl. 1984, S. 756 -763. Die Zitate aus den Briefen von und an Goethe und Schiller sind entnommen dem Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe in den Jahren 1794 bis 1805. Band 1: Text. Hrsg. von Manfred Beetz. Tb- Ausgabe von Bd. 8. 1 der MA, 1990. Nördlingen: Goldmann 2005, S. 363 -432. ]
Goethe an Schiller am 27. Juni 1797: Der Ring des Polycrates ist sehr gut dargestellt. Der königliche Freund, vor dessen, wie vor des Zuhörers, Augen alles geschieht, und der Schluß, der die Erfüllung in Suspenso lässt, alles ist sehr gut. Ich wünsche dass mir mein Gegenstück eben so geraten möge! Karl August Böttiger an Goethe am 27. Juli 1797: Vom Ibykus haben sich nur wenige dunkle Sagen erhalten. Er war ein Sicilianer aus Rhegium, und wurde wahrscheinlich auf einer Reise zu den Isthmischen Spielen bei Corinth von den Räubern ermordet, wo sich das Anrufen der Kraniche zugetragen haben soll, so wie die Entdeckung im Theater von Corinth [. . . ] geschehen seyn muß, wo die Mörder die Kraniche oben in der Luft fliegen sahen. Dieß könnte zur Szene der Ballade nützlich seyn.
Epigramm des Antipatros von Sidon aus der Anthologia Graeca Räuber erschlugen dich einst, o Ibykos, als du des Eilands Leeres, von menschlicher Spur ödes Gestade betratst. Kraniche hörten dich schreien; sie kamen als Zeugen und sahen, Welch einen grausamen Tod dir das Verderben gebracht. Nicht umsonst war der Ruf. Erinnyen, die strafenden, haben Dank der Vögel Geschrei deine Ermordung gerächt In des Sisyphos Land. – Goldgierige Horde der Räuber, Warum hattet ihr nicht Furcht vor der Himmlischen Zorn? […]
aus Schillers Ballade Der Ring des Polykrates […] Und jener spricht, vor Furcht beweget: „Von allem was die Insel heget, Ist dieser Ring mein höchstes Gut. Ihn will ich den Erinnen weihen, Ob sie mein Glück mir dann verzeihen“. Und wirft das Kleinod in die Flut. […] Hier wendet sich der Gast mit Grausen: „So kann ich hier nicht ferner hausen, Mein Freund kannst du nicht weiter sein, Die Götter wollen dein Verderben, Fort eil ich, nicht mit dir zu sterben. “ Und sprachs und schiffte schnell sich ein.
Goethe an Schiller am 23. Aug. 1797: Ich wünschte, da Ihnen die Mitte so sehr gelungen, dass Sie auch noch an der Exposition einige Verse wendeten da das Gedicht ohnehin nicht lang ist. Meo voto würden die Kraniche schon von dem wandernden Ibykus erblickt, sich, als Reisenden, verglich er mit den reisenden Vögeln […] und rief alsdann untern den Händen der Mörder die schon bekannten Kraniche, seine Reisegefährten, als Zeugen an. […] Sie sehen, dass es mir darum zu tun ist aus diesen Kranichen ein langes und breites Phänomen zu machen, welches sich wieder mit dem langen verstrickenden Faden der Eumeniden, nach meiner Vorstellung, gut verbinden würde.
Und schwer getroffen sinkt er nieder, Da rauscht der Kraniche Gefieder, Er hört, schon kann er nicht mehr sehn, Die nahen Stimmen furchtbar krähn. „Von euch ihr Kraniche dort oben! Wenn keine andre Stimme spricht, Sei meines Mordes Klag erhoben. “ Er ruft es, und sein Auge bricht.
Masken und Kothurn (Wikipedia JPG); Nachbildung zweier Erinnyen nach einer antiken Amphore (19. Jh. ) - ----- (Die Erinnyen, die Rachegöttinnen, erhalten, da sie ihre ordnungswahrende Kraft entfalten, den positiven Namen Eumeniden, die ‚Wohlgesinnten’. )
die Kraniche als Zeugen der Bluttat beim Flug über das Amphitheater im Abendrot
Schiller an Goethe am 30. Aug. 97: Es ist mir bei dieser Gelegenheit wieder recht fühlbar, was eine lebendige Erkenntnis und Erfahrung doch beim Erfinden so viel tut. Mir sind die Kraniche nur aus wenigen Gleichnissen zu denen sie Gelegenheit gaben, bekannt und dieser Mangel einer lebendigen Anschauung machte mich hier den schönen Gebrauch übersehen, der sich von diesem Naturphänomen machen läßt. Ich werde suchen, diesen Kranichen, die doch einmal die Schicksalshelden sind, eine größere Breite und Wichtigkeit zu geben. Goethe an Schiller am 25. Sept. 1797: Ich freue mich dass durch meinen Rat der Anfang Ihres Ibykus eine größere Breite und Ausführung gewinnt.
F. Schiller: Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken? Welche Verstärkung für Religion und Gesetze, wenn sie mit der Schaubühne in Bund treten, wo Anschauung und lebendige Gegenwart ist, wo Laster und Tugend, Glückseligkeit und Elend, Torheit und Weisheit in tausend Gemälden fasslich und wahr an dem Menschen vorübergehen, wo die Vorsehung ihre Rätsel auflöst, ihren Knoten vor seinen Augen entwickelt, [. . . ] alle Larven fallen, alle Schminke verfliegt und die Wahrheit unbestechlich [. . . ] Gericht hält. Die Gerichtsbarkeit der Bühne fängt an, wo das Gebiet der weltlichen Gesetze sich endigt. 1784
Die Kraniche des Ibycus Strophen: 1 -11 – 12 - 13 -23 Wer zählt die Völker, nennt die Namen, Die gastlich hier zusammenkamen? Von Theseus Stadt, von Aulis Strand, Von Phocis, vom Spartanerland, Von Asiens entlegner Küste, Von allen Inseln kamen sie, Und horchen von dem Schaugerüste Des Chores grauser Melodie -.
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ANHANG Ausgewählte Studien, die sich mit Schillers Ballade, ihrer Entstehung und ihrem literatur-, ideen- und zeitgeschichtlichen Kontext befassen: • • • Köhnke, Klaus: „Des Schicksals dunkler Knäuel“. Zu Schillers Ballade „Die Kraniche des Ibykus“. - In: Zeitschrift für deutsche Philologie 108 (1989), S. 481 -495. Mecklenburg, Norbert: Balladen der Klassik. In: Deutsche Literatur zur Zeit der Klassik. Hrsg. von Karl Otto Conrady. Stuttgart 1977, S. 154 -171. Neumann, Gerhard: Ausnahmezustand. Antike und Moderne in Schillers Balladen. - In: Schiller und die Antike. Hrsg. von Paolo Chiarini und Walter Hinderer. Würzburg 2008, S. 91109, bes. S. 102 -105. Petersdorff, Dirk von: „Als ob die Gottheit nahe wär'“. Schillers Ballade „Die Kraniche des Ibycus“ und das Verhältnis von Kunst und Religion in der Moderne. In: Wirkendes Wort 57 (2007), S. 1 -10. Schulz, Gerhard: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Teil 1: 1789 -1806. München 1983, S. 612 -614. Segebrecht, Wulf: Naturphänomen und Kunstidee. Goethe und Schiller in ihrer Zusammenarbeit als Balladendichter, dargestellt am Beispiel der „Kraniche des Ibykus“. -In: Klassik und Moderne – die Weimarer Klassik als historisches Ereignis und Herausforderung im kulturgeschichtlichen Prozeß. Hrsg. von Karl Richter und Jörg Schönert. Stuttgart 1983, S. 194 -206.
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