Die Entwicklungstheorie des moralischen Denkens von Lawrence Kohlberg
Die Entwicklungstheorie des moralischen Denkens von Lawrence Kohlberg SOZIOPOD
Moralische Normen Moral Normensystem, das Regeln für das Zusammenleben von Menschen vorgibt Moralische Frage: Warum ist man kategorisch verpflichtet, etwas (nicht) zu tun? ‘ Begründungsbasis: Rationalität, Wechselseitigkeit (Horster 2004)
Lawrence Kohlberg: Das moralische Urteil Das Verständnis für die Frage, warum es wichtig ist , dass Menschen etwas (nicht) tun sollen, entwickelt sich im Laufe der Kindheit und Jugend Lawrence Kohlberg 1927 – 1987 Bild: Wikipedia
Kohlberg: Das moralische Urteil Kohlbergs zentrale Forschungsfragen: � Wie entwickeln sich moralische Begründungsstrukturen? � Gibt es eine Entwicklungslogik des moralischen Denkens? � Wie können Begründungen, die eine Person für oder gegen eine moralische Norm geltend macht, wissenschaftlich erfasst werden?
Kohlberg: Das moralische Urteil Kohlberg: Begründungen von Normen können am besten anlässlich moralischer Geschichten und Dilemmata studiert werden Solche Dilemmata sind in allen Lebensbereichen zu finden: Darf man in Ausnahmesituationen stehlen? Darf man jemandem Schmerzen androhen um ein Leben zu retten? Sollte Sterbehilfe erlaubt sein? etc. (Oerter/Montada 1998)
Kohlberg: Das moralische Urteil Kohlberg legte Menschen unterschiedlichen Alters ausgewählte Dilemmata vor und befragte sie zu ihrer Meinung Bei der Auswertung dieser Interviews interessierte er sich besonders für die Begründungen und Argumente, die Probanden ihren moralischen Entscheidungen zugrunde legten Er erkannte drei Niveaus mit je zwei Stufen der Entwicklung (Oerter/Montada 1998)
Stufe 1: Orientierung an Belohnung und Bestrafung Präkonventionelle Moral Stufe 2: Orientierung an ‚wie du mir, so ich dir‘ Stufe 3: Orientierung am sozialen Nahfeld Konventionelle Moral Stufe 4: Orientierung an bestehenden Gesetzen Stufe 5: Orientierung an Vertragsprinzipien Postkonventionelle Moral Stufe 6: Orientierung an übergeordneten Prinzipien
Kohlberg: Das moralische Urteil Das präkonventionelle moralische Urteil � Stufe 1: Orientierung an Belohnung und Bestrafung (Bsp. : Man darf nicht stehlen, weil man sonst bestraft wird) � Stufe 2: Orientierung an ‚wie du mir, so ich dir‘ (Bsp. : Man darf nicht stehlen, weil ich ja auch nicht will, dass mir etwas gestohlen wird)
Kohlberg: Das moralische Urteil Das konventionelle moralische Urteil � Stufe 3: Orientierung an den moralischen Regeln und Normen des sozialen Nahefeldes (Bsp. : Ich bin in meiner Familie dazu erzogen worden, sowas Unanständiges wie Diebstahl nicht zu tun) � Stufe 4: Orientierung an bestehenden gesellschaftlichen Gesetzen (Bsp. : Das Diebstahlverbot schützt und sichert unser gesellschaftliches Miteinander)
Kohlberg: Das moralische Urteil Das postkonventionelle moralische Urteil � Stufe 5: Orientierung an universellen Vertragsprinzipien (Bsp. : Eigentum ist ein universelles Recht, auf das Menschen sich geeinigt haben) � Stufe 6: Orientierung an universellen, übergeordneten moralischen Prinzipien (Bsp. : Der Grundsatz, so zu handeln, dass die Maxime des Willens jederzeit Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung sein könnte, schließt Diebstahl aus)
Anwendungen Mit Kindern und Jugendlichen sollte man über moralische Regeln und Normen mithilfe von Geschichten oder anlässlich konkreter Probleme diskutieren Zwei pädagogische Möglichkeiten: 1. Man erfährt etwas über den Entwicklungsstand des moralischen Denkens eines Heranwachsenden 2. Man kann das moralische Denken von Heranwachsenden zur Weiterentwicklung stimulieren
Anwendungen Wertekonflikte stimulieren das moralische Denken Moraldiskussionen gelingen am besten in gerechten, anerkennenden Gemeinschaften (Just Communities) mit einem Klima des Vertrauens Moralerziehung darf keine Indoktrination sein (Oser 2007, Garz 2008)
Anwendungen Kinder und Jugendliche sind in Diskussionen am aktivsten, wenn sie mit echten Dilemmata aus ihrem Leben konfrontiert werden Mechanismus einer Stufentransformation (Oser 2007): � Neue Elemente in einer Diskussion brechen eine vorhandene Stufenstruktur auf � Dies bewirkt den Aufbau einer neuen, komplexeren Struktur � In der neuen Struktur sind die neuen Elemente eingefügt
Verwendete Literatur und Lesetipps � DÖBERT R, HABERMAS J, NUNNER-WINKLER G (1989) ENTWICKLUNG DES ICHS. ATHENAEUM VERLAG, BODENHEIM � EDELSTEIN W, NUNNER-WINKLER G, NOAM G (HRSG) (1993) MORAL UND PERSON. SUHRKAMP, FRANKFURT � GARZ, D (2008) SOZIALPSYCHOLOGISCHE ENTWICKLUNGSTHEORIEN: VON MEAD, PIAGET UND KOHLBERG BIS ZUR GEGENWART. VS, WIESBADEN � HORSTER D (2004) WAS SOLL ICH TUN? MORAL IM 21. JAHRHUNDERT. RECLAM, LEIPZIG � KOHLBERG L (1995) DIE PSYCHOLOGIE DER MORALENTWICKLUNG. SUHRKAMP, FRANKFURT � OERTER R, MONTADA L (HRSG) (1998) ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE. BELTZ, WEINHEIM � OSER F (2007) AUS FEHLERNEN. IN: GÖHLICH M, WULF C, ZIRFAS J (HRSG) PÄDAGOGISCHE THEORIEN DES LERNENS. BELTZ VERLAG, WEINHEIM/BASEL, S 203 -212
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