Der EuroWechselkurs aus Sicht der Behavioural Finance Peter
Der Euro-Wechselkurs aus Sicht der Behavioural Finance Peter Bofinger und Robert Schmidt Universität Würzburg
Drei Stadien des Euro
Übersicht n n n Euro-Kurs und Fundamental-Faktoren Lange Trends bei flexiblen Kursen Erklärungsversuch mittels der „Behavioural Finance“ Besondere Rolle der Notenbanken als Trendsetter Ausblick
Grundlagen des alten Paradigma n Märkte sind rational: – alle verfügbaren Informationen werden verwendet und –. . . mit optimalem Modell verarbeitet n n Spekulation („Arbitrage“) wirkt stabilisierend Notenbank-Interventionen sind unwirksam
Wichtigste Implikation Kursverlauf spiegelt Änderungen („news“) bei fundamentalen ökonomische Faktoren è Zinsdifferenzen è Inflationsdifferenzen è Wachstumsdifferenzen è Unterschiede in den Leistungsbilanz. Salden n
Wechselkursentwicklung und Fundamentaldaten
Wechselkursentwicklung und Fundamentaldaten: Excess Volatility
Wechselkursentwicklung und Fundamentaldaten: Excess Volatility
Verteilung aller max. Intratages. Veränderungen
Verteilung der Veröffentlichungstermine von Indikatoren
News und Wechselkursveränderungen Zeitraum 1999 - 2002 (1036 Tage) Tage mit geringen Veränderungen 949 Tage Es lagen keine News vor 58 Tage mit großen Veränderungen 87 Tage News passten nicht 6 Tage News passten 23 Tage
Grundproblem des alten Paradigma Flood und Rose (1995): è „. . most critical determinants of exchange rate volatility are not macroeconomic“ n Lyons (2001): è „Exchange rate economics is in a crisis“ n
Das Paradigma der Behavioural Economics
Trends in der Wechselkursentwicklung
Trends beim DM/US-Dollar-Kurs
Trends beim Yen/US-Dollar. Kurs
Länge der Trends in Quartalen Test DM/US-$ Yen/US-$ Technische Analyse (Aufwertung) 12, 4 8, 2 Technische Analyse (Abwertung) 10, 2 10, 3 Variance Ratio Test (weeks) 11, 5 Variance Ratio Test (days) 11, 2 12, 8 Markov Regression (Aufwertung) 8, 8 5, 6 Markov Regression (Abwertung) 6 8, 6
Stabilisierende Spekulation um DM/USD Trend (in Logs)
Stabilisierende Spekulation um DM/USD Trend (in Logs)
Trends schwächer als am Aktienmarkt
Zentrale Frage n n Wie lassen sich lange Trends bei den Wechselkursen erklären, die weitgehend losgelöst von Fundamentalfaktoren sind? Hypothese: Entscheidungsprozesse der Devisenhändler werden von Heuristiken gesteuert.
Das Entscheidungsproblem eines Devisenhändlers Prognosen der professionellen Analysten sind è bis zu 24 Monate schlechter als Random-Walk è geprägt von aktueller Entwicklung è selbst für Richtungsprognose ungeeignet n
Erwartungsfehler von Marktprognosen
Art der Erwartungsfehler
Marktprognosen sind vergangenheitsorientiert
Prognosefehler und Prognoserevision
Problem des Devisenhändlers Auswahl der relevanten Daten, n Festlegen des Vorzeichens und n der daraus resultierenden konkreten Veränderung è Und das alles bei laufendem, hektischem Handelsgeschäft n
Typisches Anwendungsfeld für Heuristiken n Reduktion einer komplexen Entscheidungssituation auf wenigen und leicht verfügbare Daten
Diagnose bei Herzinfarkt Is the minimum systolic blood pressure > 91 NO YES High Risk Is age >62. 5 NO YES Is sinus tachycardia present? YES High Risk Low Risk NO Low Risk Figure 1. 1: A simple decision tree for classifying incoming heart attack victims as high risk or low risk patiens. Simple Heuristics that make us smart: Gerd Gigerenzer, Peter M. Todd, and the ABC research Group, 1999
Zusätzliche Schwierigkeit Devisenmarkt ist ein spekulativer Markt n Kaufmotiv ist in der Regel der Weiterverkauf n Einschätzung des Euro durch die anderen Marktteilnehmer ist wichtiger als die eigene Einschätzung è Informationen dritten Grades (Keynes) n
„Beauty Contest“ von Keynes (1936) „It is not a case of choosing those which, to the best of one‘s judgement, are really the prettiest, nor even those which average opinion genuinely thinks the prettiest. We have reached the third degree where we devote our intelligence to anticipating what average opinion expects the average opinion to be. “
Lösung des Problems n Benötigt wird ein „fokaler Punkt“ – Beispiel: In-Kneipe – Heuristiken, die nur dann funktionieren, wenn viele andere sie auch verwenden – „Konvention“ n Konventionen sind schwer zu etablieren, aber wenn sie etabliert sind, verfügen sie über eine große Beharrungstendenz
Wie funktioniert eine Heuristik am Devisenmarkt? n n n Konvention darüber, welchen Trend eine Währung in den nächsten Monaten aufweist Wegen Stabilität der Konvention: lange Abwertungsphasen Verfügbare Daten werden nur dann berücksichtigt, wenn sie der Konvention entsprechen („framing“)
Framing beim Euro-Kurs
Framing beim Euro. Kurs
Beurteilung dieser Heuristik n n n Im Vordergrund steht das „fast and frugal decision making“ „Biases“ weniger bedeutsam, da Norm für rationales Verhalten nicht mehr objektiv feststellbar ist Empirische Evidenz: Momentum. Strategien sind durchweg erfolgreich
Kursgewinne durch MA seit 1974
Kursgewinne durch MA bei Euro -Dollar
Erträge verschiedener Anlagestrategien Marktprognosen: ca. 1130 € Anlage in Euroland: ca. 1165 € Anlage in USA: ca. 1292 € MA-Regel: ca. 1350 €
Wer sind die Trendsetter am Devisenmarkt? Theorie: Fundamentalisten setzen sich nach einiger Zeit gegenüber den Chartisten durch n Realität: Trendsetter sind vor allem die Notenbanken. è Optimal als „Arbitrageure“ geeignet è Entspricht dem Befund, dass Interventionen mit gewisser Verzögerung wirken n
Die Bundesbank als Trendsetter im Jahr 1985
Euro-Kurs aus der Sicht der Behavioural Finance
Abwertungsphase: Ungünstige Heuristiken für Euro n Als neue und nur virtuelle Währung: èkeine Vertrautheit (negativer „home country bias“) n Ausgangskurs vom 4. Januar 1999 führte zu negativem Ankereffekt è„historische Tiefststände“ n Aufwertungstrend für Dollar war seit Mitte 1995 etabliert
Übergang zur Stabilisierungsphase: Die EZB als Trendsetter
Aufwertungstrend mit der Bargeld-Einführung Anfang 2002 n n Vertrautheit mit Währung wesentlich gesteigert Bisher keine Interventionen der EZB, um neuen Trend zu stoppen
Interventionsaktivität der EZB
Defizite des alten Paradigma n n n Rolle der Fundamentalfaktoren wird bei großen Währungen überschätzt Bedeutung der großen Trends wird unterschätzt Rolle der Devisenmarkt-Interventionen wird unterschätzt
Implikationen des neuen Paradigma n n n Analyse von Fundamentalfaktoren ist nur von Interesse, wenn sich extreme Entwicklungen abzeichnen (z. B. Türkei, Argentinien) Daten über Währungsreserven der Notenbanken sind von zentraler Bedeutung Technische Analyse läßt sich theoretisch rechtfertigen
Fazit n n n Devisenmarkt ist ein interessanter und bisher noch zuwenig beachteter Anwendungsfall der Behavioural Finance Besonderes Merkmal: Fundamentale Werte sind schwer bestimmbar Rationales Verhalten und „Biases“ sind schwer zu trennen
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