Bildungsexpansion und Bildungschancen Vernderungen im Zusammenhang von Bildungssystem
Bildungsexpansion und Bildungschancen. Veränderungen im Zusammenhang von Bildungssystem und Sozialstruktur Referenten: Karen von Kibedi Varga Julia Franken Murat Yildirim
Gliederung Soziale Funktion des Bildungssystems I. Soziale Platzierung II. Auslese-/Selektionsfunktion III. Chancengleichheit Bildungsexpansion in Deutschland I. Ursachen II. Historische Entwicklung des Bildungssystems/Phänomen der Bildungsexpansion III. Folgen für die Sozialstruktur IV. Stagnation der Bildungsexpansion Nachholende Bildungsexpansion in den Neuen Ländern Zusammenhang von Bildungschancen und sozialer Herkunft I. historische und aktuelle schichtspezifische Bildungschancen in der Bundesrepublik und der DDR 1. Bundesrepublik bis zur Wiedervereinigung 2. DDR 3. heutige Bundesrepublik II. Ursachen der Entwicklung 1. Besonderheiten in der DDR 2. Sozialstruktur bzw. familiäre Sozialisation 3. Auslesemechanismen des Bildungssystems Ungleiche Bildungschancen zwischen Ost und West I. 3 Kapitalsorten
Platzierungsfunktion • Bildungsniveau „ Bildung ist eine zentrale Ressource für Lebenschancen; “ - Zugang zu verschiedenen sozialen Positionen - Zugang zu verschiedenen Schichten - soziale Aufstiege und Abstiege
„Bildungskapital“ Pierre Bourdieu
Auslese-/ Selektionsfunktion • Bildungssystem sollte nach Soziale Merkmale Leistung auslesen Auslese aber immer auch soziale Auslese Soziale Selektion und Soziale Platzierung beeinflussen soziale, ethnische und regionale Herkunft Geschlecht Beeinflussung der Bildungskarriere
Chancengleichheit? • Norm der Chancengleicheit gleiche Chancen für Alle Wie sieht die Realität aus ? Proporz –Modell „(…) alle Bevölkerungsgruppen einer Gesellschaft- Mädchen und Jungen, Kinder aus verschiedenen Schichten, Herkunftsländern oder Regionen“, sollten „ entsprechend dem Anteil der Gruppe an der Gesamtbevölkerung in weiterführenden Bildungseinrichtungen vertreten sein. “ (Geißler 2008, 274 f. ) Leistungs- Modell „gleiche Chancen nach Fähigkeit und Leistung“ (Geißler 2008, 274 f. ) Vollkommene Chancengleichheit in Deutschland trotz Bildungsexpansion nicht gegeben ( PISA-Studie)
Bildungsexpansion in Deutschland
Begriff der Bildungsexpansion • Enormer Ausbau der sekundären und tertiären Bildungseinrichtungen • Anstieg der Anzahl von Personen mittlerem oder höherem Bildungsabschluss • Gewichtiger Indikator des sozialen Wandels
Ursachen der Bildungsexpansion • Zunehmende Differenzierung der Bildungsgänge • Wandel der Sozialisation • Technisierung und Verwissenschaftlichung • Statuszuweisung • Statuskonkurrenz sorgt für Eigendynamik der Bildungsexpansion
Entwicklung des Bildungswesens • Vorindustrielle Zeit: Bildung ist ein Privileg der Reichen • Nach 1800: Alphabetisierung der Bevölkerung • Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt sich die Volksschule zur “Restschule“, viele Gymnasien und Realschule werden errichtet
Bildungsexpansion nach 1950
Bildungsexpansion nach 1950
Aktuelle Situation
Folgen der Bildungsexpansion für die Sozialstruktur • Wandel der Rolle der Frau • Wandel der Formen des Zusammenlebens von Männern und Frauen • Selbstbestimmung des Individuums • Postadoleszenz
Stagnation der Bildungsexpansion • • Stagnationstendenzen trotz Eigendynamik Ende der 1990 er Jahre In der DDR politisch erzwungen In Westdeutschland, später in Gesamtdeutschland, findet eine Selbstregulierung der Stagnationtendenzen der Bildungsexpansion statt
Nachholende Bildungsexpansion in den neuen Ländern
• Abschaffung der staatlichen Zulassungsbeschränkung zur Abiturschule und zu den Hochschulen „Run“ auf die neugeschaffenen Gymnasien und später auch auf die Hochschulen
• Sachsen , Sachsen • Nur Mecklenburg- Anhalt und Thüringen: Vorpommern Reste der übernahm sozialistischen dreigliedriges Einheitsschule Schulsystem(Hauptund Realschule, zweigliedriges Gymnasien) nach Schulsystem westdeutschem ( integrierte Haupt- und Muster Realschulen, Gymnasien) Sachsen: „ Mittelschule“ Sachsen- Anhalt: „ Sekundarschule“ Thüringen: „ Regelschule“
Nachholende Bildungsexpansion in Hochschulen Studienanfängerzahl
Zusammenhang von Bildungschancen und sozialer Herkunft I. historische und aktuelle schichtspezifische Bildungschancen in der Bundesrepublik und der DDR 1. Bundesrepublik bis zur Wiedervereinigung: a) Ziel der Bildungspolitik: Durchsetzung des Leistungsprinzipes unter der Voraussetzung der Chancengleichheit b) Mittel: Bildungsexpansion c) Ergebnis: Bildungsparadoxon Abb. 1: schichtspezifische Quoten des Realschulbesuches; Quelle: Geißler (2006) nach Daten von Schimpl–Neimanns (2000) 20
I. historische und aktuelle schichtspezifische Bildungschancen in der Bundesrepublik und der DDR Abb. 2: Besuch des Gymnasiums nach sozialer Herkunft 1950 und 1989; Quelle: Geißler (2005) nach Daten von Schimpl-Neimanns (2000) Die Sozialstruktur Deutschlands – Prof. Dr. Rainer Geißler - WS 2007/08 21
I. historische und aktuelle schichtspezifische Bildungschancen in der Bundesrepublik und der DDR Abb. 3: Studienanfängerquoten nach Beruf der Väter in der Bundesrepublik, bzw. den alten Bundesländer; Quelle: Geißler (2006) Die Sozialstruktur Deutschlands – Prof. Dr. Rainer Geißler - WS 2007/08 22
I. historische und aktuelle schichtspezifische Bildungschancen in der Bundesrepublik und der DDR 2. DDR: a) Ziel: Herausbildung einer sozialistischen Führungsschicht nach dem Proporzmodell b) Mittel: POS, Bevorzugung systemloyaler Familien und Benachteiligung bürgerlicher Schichten c) Ergebnis: Selbstrekrutierung der Intelligenz und Benachteiligung von realen Arbeiterkinder Abb. 4: Studierendenquoten Arbeiter- und Intelligenzkinder DDR, Arbeiterkinder Bundesrepublik 23
I. historische und aktuelle schichtspezifische Bildungschancen in der Bundesrepublik und der DDR 3. heutige Bundesrepublik: Sozialschichtzugehörigkeit und nicht tatsächliche Kompetenzen entscheiden oftmals über die Bildungsbeteiligung Abb. 5: 15 -Jährige nach Sozialschichtzugehörigkeit und Bildungsgang, Quelle: PISA 2000 Die Sozialstruktur Deutschlands – Prof. Dr. Rainer Geißler - WS 2007/08 24
I. historische und aktuelle schichtspezifische Bildungschancen in der Bundesrepublik und der DDR Abb. 6: Lesekompetenz nach Bildungsgang; Quelle: PISA 2000 Die Sozialstruktur Deutschlands – Prof. Dr. Rainer Geißler - WS 2007/08 25
II. Ursachen der Entwicklung 1. Besonderheiten in der DDR: • Bevorzugung systemloyaler Familien • quantitativ beschränkter Zugang zur EOS • Kaderschulen • Höherqualifizierung der Frauen • Beseitigung der Einkommensunterschiede • Negieren der existierenden Chancenungleichheiten Die Sozialstruktur Deutschlands – Prof. Dr. Rainer Geißler - WS 2007/08 26
II. Ursachen der Entwicklung 2. Sozialstruktur bzw. familiäre Sozialisation: Erziehungsklima, Vorbildhaftigkeit und finanzielle Situation der Eltern kognitive und sprachliche Kompetenzen, Leistungsmotivation, Vertrauen in individuelle Leistungen reale Leistungsunterschiede + Umgang mit den Auslesemechanismen Die Sozialstruktur Deutschlands – Prof. Dr. Rainer Geißler - WS 2007/08 27
II. Ursachen der Entwicklung 3. Auslesemechanismen des Bildungssystems: a) leistungsunabhängiger schichttypischer Bildungswille: aa) Gymnasialempfehlungen werden von Beamtenkinder zu 92 %, von Kinder von Un- und Angelernten zu 48 % befolgt bb) trotz mittelmäßiger Noten vorgesehener Gymnasialbesuch: Oberschichtkinder zu 73 %, Unterschichtkinder zu 11 % dd) Übergang sekundärer – tertiärer Sektor: Ober- und Mittelschichtkinder besuchen selbst bei mäßigen Abiturnoten zu 50 % eine Universität; Arbeiterkinder selbst bei guten Noten seltener (nur 43 %) Die Sozialstruktur Deutschlands – Prof. Dr. Rainer Geißler - WS 2007/08 28
II. Ursachen der Entwicklung b) leistungsunabhängige soziale Auslese in der Schule: Abb. 7: schichtunterschiedliche Werte für Gymnasialpräferenz von Lehrern/Eltern; Quelle: IGLU 2006 29
II. Ursachen der Entwicklung Chancen für eine Gymnasialempfehlungen bei gleichen kognitiven Leistungen (mit Kindern von Facharbeitern und leitenden Angestellte als Referenzgruppe mit der odds ratio von 1): Kinder oberen Dienstklasse: 3, 97 Kinder von Selbstständigen: 1, 45 Kinder von Un- und angelernten Arbeitern: 0, 56 Die Sozialstruktur Deutschlands – Prof. Dr. Rainer Geißler - WS 2007/08 30
Ungleiche Bildungschancen zwischen Westdeutschland ? Ostdeutschland
Chancen für den Besuch eines Gymnasiums 10 bis 15 -jähriger Kinder aus mittleren Statusgruppen 40% Kinder aus niedrigen Statusgruppen 14% 2, 5% 20%
• „Insbesondere von Arbeitslosigkeit betroffene Familien dürften wegen eingeschränkter Ressourcen, unklarer Wiederbeschäftigungschancen und pessimistischer Zukunftsperspektiven ein relatives hohes Maß an Verunsicherung bei Entscheidungen über den weiteren Bildungsweg ihrer Kinder aufweisen. “ ( KZf. Su. S 1999, Heft 51) „[…] lebensverlaufstheoretisch begründete These abgeleitet werden, daß gerade das Zusammentreffen institutionell vorgegebener „sensibler Phasen“ des Übergangs in neue Bildungsstufen“[…] „(…) mit zugleich auftretenden ökonomischen Verlusten und einer daraus resultierenden konflikthaften wie angespannten familiären Situation zu einer erheblichen Bildungsbenachteiligung von Kindern führen kann. “ (Lauterbach/Lange 1998: 16)
3 Kapitalsorten (Pierre Bourdieu) ökonomisches Kapital als materielle Grundlage von Bildungschancen „ Es ist bei mehrmaliger oder langanhaltender Arbeitslosigkeit für Haushalte schwierig, an der anvisierten Bildung für ihre Kinder festzuhalten, wenn ihre wirtschaftliche Lage prekär ist. “(Bieligk 1996: 71) kulturelles Kapital als nicht-ökonomische Ressource für Bildungsentscheidungen -Bildungsgrad der Eltern ausschlaggebend für intergenerationale Weitervergabe von Bildungschancen - Familienklima beeinflusst Besuch von höherer oder niedriger Schullaufbahn soziale Kapital und dessen Einfluss auf den Bildungserfolg von Kindern Arbeitslosigkeit Stress, wachsenden Verunsicherungen Belastung der Eltern-Kind Interaktion schulische Leistung des Kindes Beeinträchtigung der Bildungschancen
Fazit Von der katholischen Arbeitertochter vom Lande zum Migrantensohn aus bildungsschwacher Familie
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