Bibel und Literatur Christuskonfigurationen Vorlesung am 19 1
Bibel und Literatur Christuskonfigurationen Vorlesung am 19. 1. 09
Gliederung • Zur Terminologie – Präfiguration = Typologie – Albrecht Schönes These von der „Postfiguration“ (Säkularisation als sprachbildende Kraft. Göttingen 1958, 2. Aufl. 1968) • Andreas Gryphius: Carolus Stuardus (1657. 1663) • Gerhard Hauptmann: Der Narr in Christo Emanuel Quint (1910)
Karl I. hingerichtet 1649 Oliver Cromwell, Lordprotektor 1653 -58
Fairfax/Pilatus und seine Frau (Mt 27, 19) FRAU: Verzeiht dem Feind'! es ist die schönst und höchste Tugend. FRAU: Er denck' an Jesus Wort / Vergib / wie wir vergeben. FAIRFAX: Ich fil der Mordschar nicht mit meiner Stimmen bey FAIRFAX: Ich war / und wär'/ ach! stünd es nur in meiner Macht; Sein Haubt von Stock und Beil zu retten noch bedacht; Vnd doch wird mir / was mir zu wider / hir betriben Ja diser Mord-schlag selbst von meisten zugeschriben. Wer nah diß Vnheil siht / wer fern diß Traurspil hört; Glaubt daß ich selbst mein Ehr auffs gifftigste versehrt / Vnd legt mir dises zu was ich doch höchst verfluche. Eph 4, 32 Mt 6, 12 (Vaterunser)
Poleh vgl. Judas Nein! nein! ach leider nein! es ist geschehn umb mich! Du stirbst ohn Schuld; und ich leb' allem Recht zu wider! Brecht Felsen! Himmel blitz' auff die verfluchten Glider! […] Was hab ich nicht vor Straff / und Strang / und Glutt verdinet? Die Tems brennt Schwefel-blau! ich schau die Sonne zittert! Der Tag verschwartzt! die Burg / ja Londen wird erschüttert! • Mt 27, 4 • Mt 27, 51 f
König Karl I. vgl. Christus Nein! Carl ist noch behertzt die Jahre zu beschlissen / Vnd sein nicht schuldig Blut vor Abends zu vergissen Brich an gewündschtes Licht / wir sind des Lebens sat / Vnd schaun den König an / der selbst ein Creutz betrat Verhast von seinem Volck / verlacht von seinen Scharen Verkennt von Ländern die auff ihn vertröstet waren / Den Freund / wie uns verkaufft/ den Feind / wie uns verklagt / Vnd kränckt umb Frembde Schuld / und biß zum Tode plagt. • Mt 27, 4; 27, 24; 27, 46 • Jes 53, 5
König Karl I. vgl. Christus Er helffe wie Er wil! reicht uns den Sterbe-Kittel. O letztes Ehren-Kleid / das Carl mit aus der Welt Von so vil Schätzen nimmt / mit dem die Pracht verfält Die uns vor disem zirt. Der Purpur muß verderben. Doch wird der Adern Brunn die reine Leinwand färben. Auff der wird wenn wir hin mit Blut geschriben stehn / Wie Albion gewöhnt mit Fürsten umbzugehn. So weiß wir angethan vom Läger uns erheben / • Statt des Königskleides ein blutgefärbte • Apk 3, 4 f. ; 7, 14
König Karl I. vgl. Christus Er weiß allein warumb / und hält den Grund verborgen Biß ihn das End' entschleust / der wird für alle sorgen Vnd heilen was er schlägt. Vns dünckt wir schauen schon Den hochbegehrten Carl auff König Carels Thron Er lasse nicht diß Fleisch durch schnelle Fäul auffzehren Vnd gönn uns noch zu letzt die Handvoll Specerey • Ja schätzt es ihm vor Ruhm dem Fürsten gleich zu werden; • Der nichts denn Spott und Creutz und Speichel fand auf Erden • Gottes Fürsorge • Hos 6, 1 f • Karl II. ab 1660 • Mk 16, 1 • Mt 27, 29 f.
König Karl I. vgl. Christus Als Juxton zu dem Werck das Kirchenbuch auffschlug / Das Kirchenbuch / umb daß der Fürst so vil gelitten / Vmb das ihn Engelland und Calidon bestritten Fand sich daß gleich auff heut die Haubt-Geschicht gesetzt / Die / wie der Fürsten Fürst durch eigen Volck verletzt Vor seinem Richter stund / wie er von Geissel Streichen / Vnd scharffen Dornen wund must an dem Creutz erbleichen Der Christen Volck erzehlt / die uns Matthaeus schrib. Der König der hirauff fast in Gedancken blib Als ob zu seinem Trost der Bischoff sie erkohren / Erfreute sich im Geist und schin recht neu gebohren; Mich auff dem Traur-Gerüst zum Opffer vorzustellen / Zum Opffer für diß Volck. Herr laß kein Vrtheil fällen Auff die verbländte Schaar / vor welch ich dir mein Blut Hingeb' und den für Kirch und Reich verlobten Mut: Verzeiht.
Karl I. ein reuiger Christ und Märtyrer Vns drückt / diß glaubt uns fest / nichts mehr als Straffords Tod. Wie Wentwort durch uns fil in nicht verdinte Pein: So muß sein herber Tod itzt unser Straffe seyn. O König der uns durch sein Blut Der Ehren Ewig-Reich erwarb! Der seinen Mördern selbst zu gut An dem verfluchten Holtze starb/ Vergib mir was ich je verbrochen Vnd laß die Blutschuld ungerochen. Ich aber: ich verzeih' und wil den hohen Spott Der Blutschuld nicht auff sie und ihre Köpffe schiben Der Ewikeiten Cron ist fort an mein Gewin Lk 23, 24 Apg 7, 60 (Erzmärtyrer Stephanus) Jak 1, 12
Paul Gaugin: Selbstportraits
Gerhart Hauptmann: Der Narr in Christo Emanuel Quint (1910) • Theologische Voraussetzung: Leben-Jesu. Forschung – David Friedrich Strauß: Das Leben Jesu 1835/36 – Adolf von Harnack: Das Wesen des Christentums (Vorlesung 1900; veröff. 1901) • Jahrzehntelange Beschäftigung Hauptmanns mit der Figur Jesu. Parallelewerke: – Der Apostel 1890 – Der Ketzer von Soana 1918
Emanuel Quint • • • Künstler Irrer Sozialist Anarchist Einsiedler/Mönch/religiöser Utopist
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