Bernd Winkelmann Akademie Solidarische konomie Exkurs Postwachstumskonomie Stand
Bernd Winkelmann Akademie Solidarische Ökonomie Exkurs Postwachstumsökonomie Stand 27. 7. 2013
Wachstum und Wachstumsfelder Quantitatives Wachstum ist nur möglich, wenn Wachstumsfelder offen sind. Offene Wachstumsfelder Ungesättigte Märkte Bevölkerungswachstum Wirtschaftswachstum Unbegrenzte Ressourcen Neue Aufbauphasen Bei nahezu geschlossenen Wachstumsfelder führt weiteres erzwungenes Wachstum zum Druck nach innen und in Crash-Situationen – oder zur Expansion nach außen. Geschlossene Wachstumsfelder Kein Bevölkerrungswachstum Beendete Aufbauphase Gesättigte Markte Krise Wirtschaftswachstum, Wachstumsfalle Begrenzte Ressourcen 2 2
1. Denkfehler: Das Bemessen des Wachstums in Prozenten führt zum exponentiellen Wachstum, d. h. zu ständig steigenden Wachstumsgrößen (Stückzahl). Drei Wachstumskurven: a) lineares Wachstum: gleichbleibender Zuwachs (gleiche Wachstumsgröße) b) exponentielles Wachstum: jährl. prozentuelles Wachsen (Wachstumsrate), d. h. Zuwächse gehen ein in Sockelbetrag des Folgejahres (Verdoppelungseffekt) c) natürliches Wachstum: hört bei einem Optimum auf zu wachsen und stabilisiert sich. Beispiel: Wenn heute in Deutschland in einem Jahr 300. 000 Autos produziert werden, sind das bei 6% Wachstum in 12 Jahren 600. 000 Autos in einem Jahr. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Kenneth E. Boulding, USA: „Jeder, der glaubt, dass exponentielles Wachstum für immer weitergehen kann in einer endlichen 3 Welt, ist entweder ein Verrückter oder ein Ökonom. “ 3
2. Denkfehler Das Bemessen von Wirtschaftswachstum nach dem Bruttoinlandprodukt (BIP): es misst rein quantitativ die wirtschaftlichen Umsätze in Geldwerten. Z. B. : > Aufbau nach Zerstörungen als BIP-Wachstum; > material- und energiesparende Effizienz als rückläufiges Wachstum; > die qualitative Entwicklungen der Gesellschaft wird nicht gemessen. Die „Glücksforschung“ zeigt: BIP und Lebenszufriedenheit laufen nicht zusammen ● Studie 2009: Die größte Lebenszufriedenheit in Ländern mittlerem Durchschnittseinkommen: - Costa Rica, Dänemark, Skandinavien, Island; - Deutschland an 30. Stelle, Simbabwe an letzter. ● Ab 20. 000 / 50. 000 Dollar Jahreseinkommen steigt der Glückspegel kaum noch. ● Seit 1990 fordert UNO die Bemessung der Entwicklung mit ganzheitlichen Indizes (z. B. „Neuer Wohlfahrtsindex“, Human Development Index). ● Bisher hat nur der Himalaja-Staat Bhutan an Stelle des BIP das „Brutto-Sozialglück“ gesetzt: Ökologie, Kultur, Gesundheit, Bildung, Lebensstandart, Gemeinschaft, Zeitnutzung. . . Grafik aus „Zukunftsfähiges Deutschland“ S. 122 4
3. Denkfehler · Man könnte mit weiterem BIP-Wachstum die ökonomischen und sozialen Probleme lösen (z. B. Arbeitslosigkeit) · Man könne durch grüne Technologien („Green New Deal“) Umweltverbrauch vom Wachstum entkoppeln. Tatsächlich überwindet dies nicht die ökologische, die soziale, ökonomische Crash-Tendenzen der Wachstumsökonomie. 1. Ökologischer Crashtendenz: „Grüner Technologien“ bringen kurzzeitig neues Wirtschaftswachstum: je Stück geringere Umweltbelastung, aber in der Summe Rebount-Effekt“ (Rückschlageffekt): Zunahme der Menge wiegt den Einspareffekt wieder auf (z. B. Auto, Elektrogeräte u. ä. ). 2. Soziale und ökonomische Crashentwicklung: In den hochindustrialisierten Ländern mit annähernd gesättigten Märkten und Überangebot ist weiteres Wachstum nur noch mit weiterer Rationalisierung, Arbeitsplatzabbau, Lohnsenkung, Arbeitsplatzverlagerung zu erreichen. Das treibt die untere Hälfte in Armut und Präkarisierung, somit in eine wachsende Schere zwischen Überangebot und Unterkonsum = eine sich verstärkende Wachstumsfalle. (Radermacher: „Kannibalisierung“ der Wirtschaft, „Brasilianisierung“ der Gesellschaft) 5 5
Ökologische Crashentwicklung 2011 bei 1, 5 ● Ökologischer Fußabdruck in Deutschland bei dem 3 -4 Fachen des verträglichen Maßes ● Ökologischer Fußabdruck in den USA bei dem 10 Fachen ● 2 Grad-Ziel erreichbar, wenn in 10 -20 Jahren der CO 2 -pro-Kopf-Ausstoß in D von 11 t auf 2 t , in den USA von 19 t auf 2 t abgesenkt wird. ● Herrmann Scheer, Al Gore: Wissen und Technologie dafür sind vorhanden. Doch bisher weiterer Anstieg CO 2 Ausstoß (entgegen dem Kiotoprotokoll). 6
3 – 6 Erden
Wiedergewinnen einer Gleichgewichtsökonomie Natürliches Wachstum - Vorbild auch für die Wirtschaft? Reifezeit Abnehmendes Wachstum Exponentielle Wachstumsphase Langsame Keimzeit 8
Funktion einer Gleichgewichtsökonomie anstelle einer Wachstumsökonomie heißt: • Die Wirtschaft wächst quantitativ nur in bes. Aufbauphasen. • Bei Erreichen eines Sättigungsgrades geht das Wachsen zunehmend in qualitative Entwicklung über: Qualitätsprodukte, Wachsen kultureller, sozialer, geistiger Lebensqualitäten dabei Schrumpfen desständigen materiellen Verbrauchs. • –Dies geschieht in einer dynamisch sich einpendelnden Sinusbewegung - sowohl für einzelne Güter wie für die gesamtökonomische Entwicklung. Diese Entwicklung bleibt unter des maximal ökologisch-sozial verträglichem Maßes von Faktor 1 (auch ökologischer Fußabdruck) • Damit wird die ökonomische und soziale Crashentwicklung der Wachstumsökonomie überwunden und eine Postwachstumsökonomie wird möglich. 9
Voraussetzungen einer Postwachstums- und Gleichgewichtsökonomie 1. Überwindung des materialistischen Grundirrtums und kapitalistischer Leitvorstellung. 2. Herausnehmen der wachstumstreibenden Abschöpfungs- und Bereicherungsmechanismen kapitalistischer Wirtschaftsweise; Installation kooperativer, partizipatorischer, demokratischer Wirtschaftsstrukturen 3. Drastisches Zurückfahren des gegenwärtigen Material- und Energiedurchsatzes (Schrumpfungsökonomie, Regionalisierung der Wirtschaft. . . ) 4. Entwicklung einer modernen regionalen Subsistenzwirtschaft 5. Zusammenwirken von: a) Konsistenzstrategie (ökologische Anpassung), b) Effizienzstrategie (ökologische Technologien), c) Suffizienzstrategie („Mit weniger besser leben“) These: Eine Postwachstumsökonomie kann nur eine postkapitalistische Ökonomie sein. 10
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