B 5 4 Unterricht planen gestalten und evaluieren
B– 5– 4 Unterricht planen, gestalten und evaluieren Aktionsforschung MMag. Esther Drexler, BEd. Mag. Verena Gratzer, BEd.
Aktionsforschung - Definition „Aktionsforschung ist die systematische Untersuchung beruflicher Situationen, die von Lehrerinnen und Lehrern selbst durchgeführt wird, in der Absicht, diese zu verbessern. “ (Elliot, 1981) Aktionsforschung ist „ein anderes Wort für systematisch reflektierte Praxis“ (Posch, 2009)
Aktionsforschung - Geschichte der Aktionsforschung erste Generation § John Collier 1935 -1944 von US-Regierung beauftragt, Strategie zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Ureinwohner*innen und weißer Bevölkerung § Kurt Lewin (1890 -1947), Sozialpsychologe 1944 vergleichende Forschung Effekte zwischen Formen sozialer Intervention und Veränderung Spirale Planung – soziale Intervention – Reflexion
Aktionsforschung - Geschichte
Aktionsforschung - Geschichte der Aktionsforschung zweite Generation 1960 er Jahre, v. a. in Großbritannien, Australien, Deutschland Pädagog*innen, Soziolog*innen, Psycholog*innen dritte Generation soziale Bewegungen v. a. in Lateinamerika, Afrika, Skandinavien Projektplanung Handlung Auswertung neuer Prozess Kritik an Aktionsforschung Forscher*innen als Teil des Prozesses Problem der Verfälschung, mangelnde Objektivität
Aktionsforschung – Ziele & Motive § § § Qualität des Lehrens und Lernens verbessern Lehr- und Lernbedingungen verbessern Praxisprobleme bewältigen Innovationen verwirklichen Wissen und Kompetenz erweitern
Aktionsforschung – Ziele & Motive doppelte Zielsetzung Entwicklungsperspektive etwas soll verbessert werden WAS soll verbessert werden und WIE Erkenntnis-/ Forschungsperspektive Lehrer*innen wollen Handlungen und Wirkungsweisen besser verstehen WAS ist geschehen und WARUM
Aktionsforschung - Ansatzpunkte § § § Ansatzpunkte typischerweise Erfahrungen von Diskrepanzen Erwartungen/ Pläne vs. Realität Sichtweisen können unterschiedlich sein Klärung der Situation und Entwicklung von Handlungsstrategien Wissen mit Kolleg*innen teilen!!!
Aktionsforschung - Ansatzpunkte wachsende Bedeutung § gestiegene Leistungsansprüche und unterschiedliche Lernvoraussetzungen § Erziehungsfunktion der Schule § wachsende Verpflichtung der Rechtfertigung gegenüber der Öffentlichkeit zwei Ansätze explorative Forschung Bestandsaufnahme der Situation induktiv basierend auf Beobachtung, bottom up evaluative Forschung wie weit treffen Ziele/ Erwartungen ein deduktiv basierend auf Theorie, top down
Aktionsforschung - Quellen eigene Erfahrungen § Stärken ausbauen § Schwierigkeiten verbessern § unklare Prozesse verstehen § (Weiter)entwicklung guter Ideen Schulprogramme und Notwendigkeiten § Leitideen und Programme § Beschwerden § Rückgang von Schüler*innenzahlen
Aktionsforschung - Quellen Ergebnisse von Feedback und Evaluation § Fremdevaluation § Selbstevaluation Teilnahme an Entwicklungsprogrammen und Fortbildung § Umsetzungsstrategien entwickeln Neugier § Forschungserkenntnisse erproben und weiterentwickeln
Aktionsforschung - Quellen
Aktionsforschung - Charakteristika Forschung der Betroffenen Personen von sozialer Situation direkt betroffen Fragestellungen aus der Praxis problemorientierte, oft interdisziplinäre Fragestellungen situatives Verstehen In-Beziehung-Setzung von Aktion und Reflexion Aktion & Reflexion eng und auf einander bezogen Reflexion eröffnet neue Möglichkeiten Reflexionsergebnisse durch Handeln überprüft längerfristige Forschungs- & Entwicklungszyklen Spirale
Aktionsforschung - Charakteristika unterschiedliche Sichtweisen verschiedene Perspektiven auf Situationen beleuchten miteinander konfrontieren Einbettung individueller Forschung in professionelle Gemeinschaft kollegiale Forscher*innengruppen Arbeit an methodischen & inhaltlichen Problemen auch externe Wissenschaftler*innen werden konsultiert Vereinbarung ethischer Regeln für die Zusammenarbeit zur Übereinkunft und Orientierungssicherheit
Aktionsforschung - Charakteristika Veröffentlichung von Praktiker*innenwissen Brauchbarkeit & Gültigkeitsbereich überprüfen Weiterentwicklung anregen bildungspolitische Relevanz Wissen publizieren & damit Rechenschaft ablegen Wertaspekte pädagogischer Tätigkeit Handlungen als Ausdruck von Wertvorstellungen bewusst fördern & analysieren Ziele Erkenntnis & Entwicklung Aktionsforschung will die untersuchte Praxis, sowie das Wissen über die Praxis weiterentwickeln!
Aktionsforschung - Kreislauf
Aktionsforschung - Gruppenarbeit Artikel: Altrichter & Posch (2006) Cloud § Gruppe 1: S 57 - S 58 WH: Merkmale guten Unterrichts & guter Schulen § Gruppe 2: S 59 - S 61 (Aufzählungen kursiv) Beispiele für Aktionsforschung, Inhalte § Gruppe 3: S 63 - 64 (M 4 & M 5) Finden von Ausgangspunkten § Gruppe 4: S 65 - 67 oben, erster Absatz Auswahl eines Ausgangspunkte Dauer: 30 min
Beispiele für Aktionsforschung
Ausgangslagen finden
Auswahl eines Ausgangspunktes
ABC-Turnen 22
Aktionsforschung - Ausgangslage Wie finde ich eine Forschungsfrage? § Interesse an einer Fragestellung § Schwierigkeit, die sich ergeben hat § „unklare“ Situation Was mache ich, wenn. . . §. . . ich viele verschiedene Fragestellungen habe? §. . . überhaupt keine Fragestellung habe? §. . . nur eine einzige Fragestellung habe?
Aktionsforschung - Ausgangslage § Zunächst einmal mehr als einen Ausgangspunkt formulieren! § Potentielle Ausgangspunkte über gewissen Zeitraum neben einander stehen lassen und in der Praxis beobachten! § Nehmen Sie sich Zeit !
Aktionsforschung – Gütekriterien Forschungsentscheidung bestimmt durch vier Zielbereiche Weiterentwicklung § der untersuchten Situation im Sinne aller Betroffenen § des Wissens über die untersuchte Situation § des professionellen Wissen der Lehrerschaft § der erziehungswissenschaftlichen Forschung empirische Forschung beruht auf Erfahrung gedeutete Ereignisse aus Handlungsumgebung, nachprüfbar durch § Wiederholbarkeit/ Reproduzierbarkeit § Unabhängigkeit/ Objektivität Welche Methoden kennen Sie zur Datenerhebung für die Aktionsforschung?
Aktionsforschung - Methoden § § § § teilnehmende Beobachtung Tonaufzeichnung, Transkription Fotografie Videoaufzeichnung Interview, Gespräch schriftliche Befragung Triangulation kombinierte Methode
Exkurs - Beobachtung als Grundlage wissenschaftlichen Handelns § zielgerichtet und planmäßig § objektiv, sachlich und wertfrei § Interpretationen, Meinungen, Vorstellungen, Wertungen im Nachhinein § wichtiges Werkzeug der Verhaltenssteuerung spontane vs. strukturierte Beobachtung + bessere Kontrollierbarkeit und Nachvollziehbarkeit - eingeschränkte Aussagebreite durch Festlegung auf bestimmte Beobachtungsgegenstände 27
Exkurs - Beobachtung Planung VOR der Beobachtung klären: § Wer beobachtet? Selbstbeobachtung oder Fremdbeobachtung § teilnehmend Lehrer*in beim Unterricht oder nicht teilnehmend Hospitation § Zeitraum, Intervalle für Beobachtung festlegen § Worum geht es? Personen, Aktionen, Konstellationen § Art des schriftlichen Protokolls formlos, teilformalisiert, formalisiert 28
Exkurs - Beobachtung Aspekte und Ziele § Unterrichtsprozesse zeitliche Strukturen, Unterrichtsphasen, Einzelaspekte (z. B. Stundenanfänge) § Handlungen der Lehrer*innen/ Studierenden Handlungsmuster, Setzen von Impulsen, nonverbales Verhalten, Auswahl und Wechsel der Unterrichtsmethoden und Sozialformen, Nutzung von Medien und Arbeitsmaterialien, Verhalten in Konfliktsituationen, . . . § Handlungen der Schüler*innen Mitarbeit im Unterricht, Kontaktverhalten, Kooperation mit anderen, Arbeitsverhalten, problematische Verhaltensweisen 29
Aktionsforschung - Datenanalyse Suche nach Sinn & Zusammenhängen Analyseprozess darf nicht zum Produkt eigener Vorurteile werden kritische Überprüfung! fünf Stufen der Datenanalyse 1. Daten lesen 2. Daten reduzieren 3. Daten darstellen 4. Daten interpretieren 5. kritische Prüfung Kurzfilme: https: //www. youtube. com/watch? v=88 Fx 8 JVa 39 Q https: //www. youtube. com/watch? v=bdhoz. E 7 B_s. Q
Aktionsforschung – Probleme & Chancen Schwierigkeiten & Herausforderungen § ideologische Prägung Offenlegung der normativen Annahmen § mangelnde Objektivität & Reliabilität Einsatz standardisierter Instrumente § fehlende Vergleichbarkeit & Generalisierbarkeit Daten aus Einzelprojekten zusammenführen Entwicklung & Verbesserung § Lehrer*innen sensibler, selbstbewusster, kompetenter proaktiver mit schwierigen Aspekten des Unterrichts § Unterricht stärker schüler*innenzentriert, besseres Klima § verbesserte Kooperation im Lehrer*innen-Team
Arbeitsauftrag § Bitte erstellen Sie für unseren nächsten Termin pro Person einen kurzen Videofilm zu einer Unterrichtssequenz - freies Thema, etwa 2 bis 5 min. § Bitte überlegen Sie sich außerdem für den nächsten Termin eine Forschungsfrage, die Sie dann anhand der Videofilme Ihrer Kolleg*innen bearbeiten möchten.
Literatur § Altrichter, Herbert & Posch, Peter (1998): Lehrer erforschen Ihren Unterricht. Eine Einführung in die Methoden der Aktionsforschung. 3. Auflage. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. § Altrichter, Herbert & Posch, Peter (2006): Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht. 4. Auflage. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. § Elliot, John (1981): Action Research for educational change. Open University Press Milton Keynes: Philadelphia. Abrufbar unter: https: //another-roadmap. net/articles/0002/0968/elliottaction-research-for-educational-change-1991. pdf (2021 -01 -03). § Posch, Peter (2009): Aktionsforschung und Kompetenzentwicklung. Fachtagung des Nordverbunds Schulbegleitforschung. Abrufbar unter: https: //uol. de/fileadmin/user_upload/diz/download/Veranstaltungen/Tagungen/Nordverbund _Posch_Text. pdf (2021 -01 -03)
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