ADOLESZENZ MAGERSUCHT Ein trifokaler systemischer Ansatz fr die
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ADOLESZENZ - MAGERSUCHT Ein trifokaler systemischer Ansatz für die Therapie im stationären Setting Dr. Kurt Ludewig Hamburg / Münster September 2006 Dr. K. Ludewig
Adoleszenz-Magersucht: „Hungern aus Liebe“ • • September 2006 Einleitung Teil I Ein nützliches Verständnis Teil II Ein „trifokales“ Programm Teil III Erste Ergebnisse Dr. K. Ludewig 2
Systemische Therapie Literaturhinweise des Referenten September 2006 Klett-Cotta 1992, 19974 Hogrefe 2000 Klett-Cotta 2002 Carl-Auer 2005 Dr. K. Ludewig 3
Spezielle Literatur zum Thema Systemische Therapie • Schlippe, A. von & J. Schweitzer (1996): Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung. Göttingen (V & R). • Loth, W. (1998): Auf den Spuren hilfreicher Veränderungen. Dortmund (modernes lernen). • Rotthaus, W. (Hrsg. )(2001): Systemische Kinder- und Jugendlichen-psychotherapie. Heidelberg (Auer). Externalisierung • White, M. , D. Epston (1990): Die Zähmung des Monsters. Heidelberg: Auer. Trifokales Konzept zur stationären Magersuchtstherapie • Ludewig, K. (1999): Der Kampf der Giganten. In: Vogt-Hillmann & W. Burr (Hrsg). Kinderleichte Lösungen. Dortmund (Borgmann). September 2006 Dr. K. Ludewig 4
Ausgangslage Übliche Probleme stationärer Therapie verstärkt durch Anwachsen der Inanspruchsnahme: a. Gefahr der Kontextreplizierung Notwendigkeit, einen für alle akzeptablen Kontext herzustellen b. Belastung und Uneinigkeit der Mitarbeiter Notwendigkeit, eine für alle erleichternde Standard-Prozedur einzusetzen September 2006 Dr. K. Ludewig 5
Adoleszenz - Magersucht September 2006 Dr. K. Ludewig 6
Allgemeine Jugendpsychiatrische Station (9 Betten) Belegung 1997 - 2002 (N = 172) September 2006 Dr. K. Ludewig 7
(1) Adoleszenz-Magersucht Vorkommen der Magersucht • Beginn: meistens im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. • Prävalenz: 1 -3% aller Frauen zwischen 12 -20 J. ; dabei 95 -5% weiblich/männlich. September 2006 Dr. K. Ludewig 8
(2) Diagnostische Leitlinien ICD 10 1. Körpergewicht 15% Mindergewicht bzw. BMI 17, 5 (bei Jugendlichen niedriger) 2. Selbst induzierter Gewichtsverlust Vermeidung hochkalorischer Speisen, Erbrechen, Abführen, übertriebene körperliche Aktivität, Appetitzügler, Diuretiker. . . 3. Psychische Auffälligkeiten Unrealistisches Körperbild, phobische Angst vor Dicksein, niedriges Gewichtsziel, Niedergeschlagenheit. . . 4. Somatische Störungen v. a. endokrine Störungen 5. Verzögerung/Hemmung der pubertären Entwicklung September 2006 Dr. K. Ludewig 9
(3) Klinisches Bild Verhalten Einschränkung der Nahrung, ekzessive Beschäftigung mit Nahrung, spezielle Diät, vermehrte Körperbetrachtung, „Sezierung“ der Nahrung, diverse Methoden der Gewichtsreduktion, extreme Körperbewegung, mangelnde Wahrnehmung von Hunger und Sättigung Psychopathologisch Kontrollverlust über Ernährung, Verleugnung, unrealistisches Körperbild, niedriges Selbstwertgefühl, Einschränkung der Interessen, soziale Isolierung, Depressivität, Zwanghaftigkeit, hohes Leistungsstreben. . . Somatisch Untergewicht/Mangelernährung, Obstipation, Lanugobehaarung/ Haarausfall, Hauttrockenheit, Karies, Ödeme, Hypotonie, Hypothermie, Akrozyanose, Bradycardie, Elektrolytstörungen, endokrine Störungen September 2006 Dr. K. Ludewig 10
(4) Prädisponierende Faktoren 1. Identität und Selbständigkeit • Störung der Selbstwahrnehmung (Wertlosigkeitsgefühl) • Störung der Körperwahrnehmung (unrealistisches Körperbild) • Prämorbide Nahrungsprobleme (u. a. Adipositas, als Säugling) • Persönlichkeitsaspekte (angepaßt, konformistisch, perfektionistisch. . . ) 2. Familiär • Rigide Interaktionsmuster (Verstrickung, Harmonie, soziale Isolierung. . . ) • Akute bis chronische Ablösungsproblematik 3. Genetisch • Konkordanzrate bei eineiigen Zwillingen um 50%, bei 2 -eiigen um 5% • Überrepräsentation von affektiven und Suchtstörungen 4. Biologisch • Bedeutung der Hypothalamus-Hypophysen-Achse • Pathophysiologische Regulation von Hunger und Sattheitsgefühl 5. Soziokulturell • Leistungsdruck, Schlankheitsideal, Überschuß an kalorienreicher Nahrung September 2006 Dr. K. Ludewig 11
(5) Aus der Forschung - Prognose I Prognose nach einer Therapie: < nach Längstschnitterhebungen > • 30 % bis 35% vollständige/partielle Besserung ca. 19 -25% chronische Verläufe bis zu 10% tödliche Verläufe (meistens an den Folgen) ca. 50% dauerhaftes gestörtes Eßverhalten • Ca. 50% bleibende unklare Komorbidität (v. a. affektive und Angststörungen, Alkoholabhängigkeit usw. ) (Unter Ausschluß von Komorbidität nur ca. 21% "gesunde" Frauen nach einer anorektischen Phase). • Nach 33 Jahren noch bei 5% die spezifische Kernsymptomatik; eine Besserung nach 12 Jahren wird immer unwahrscheinlicher. September 2006 Dr. K. Ludewig 12
(6) Aus der Forschung - Prognose II Günstige prognostische Faktoren: - nach Therapie - ± Früher Beginn der Anorexie ± Früher Therapiebeginn ± Gute prämorbide Anpassung und Leistungsfähigkeit ±Verbesserung der familialen Beziehungen und der sozialen Kontakte September 2006 Dr. K. Ludewig 13
Teil I Elemente für ein pragmatisch nützliches Verständnis September 2006 Dr. K. Ludewig 14
Ungünstige Voreinnahmen Die Magersucht ist. . . ein intrapsychisches Problem: Magersüchtige sind regrediert, narzißtisch bzw. "früh" gestört. . ein Familienproblem: - Magersüchtige streben nach Macht über ihre Eltern, bzw. die Eltern bemächtigen sich des Kindes, und hindern es am Erwachsenwerden. - Die Familie ist "verstrickt", überfürsorglich, starr und konfliktscheu; die Liebe in diesen Familien ist unecht und steht für die Abwehr von Aggressionen; die Ehe der Eltern ist “gestört”. Unterernährung ist bloß Folge oder Korrelat des “eigentlichen” Problems und kann vernachlässigt werden. Stationäre Behandlung ist die Therapie der Wahl September 2006 Dr. K. Ludewig 15
Mögliche Folgen ungünstiger Vorannahmen • Ausschließliche Psycho- oder Familientherapie kann sehr mühsam, langwierig und. . . erfolglos sein. • Zu “klare” Konzepte verführen dazu, diese zu behandeln, z. B. : Differenzielle Schuldzuschreibungen verkennen die enge intrafamiliäre Bezogenheit, lösen Angst und Widerstand aus; Überbetonung von Begleitphänomen greift oft zu kurz; normativ-strukturelle Vergleiche greifen leicht daneben. • Einseitige massiv interventive Maßnahmen können das Problem verschleiern oder verfestigen. • Stationäre Behandlung kann den status quo festigen September 2006 Dr. K. Ludewig 16
Die Familien - Beobachtungen • Bindungen: unüblich stark; man fühlt die Gefühle des anderen, denkt dessen Gedanken usw. oft sozial isolierte Familien • Individualität ist wenig ausgeprägt, das Wir-Erlebnis global, diffus. • Konflikte und Versöhnung sind selten; Harmonie dominiert • Ablösung bevorstehende oder vollzogene Trennungen lösen Beunruhigung und Schuldgefühle aus • Nahrungsverweigerung bündelt die Aufmerksamkeit und Kommunikation der Familie, alles andere gerät in den Hintergrund. • Dialoge, die alternative Lösungen erarbeiten könnten, sind ungeübt oder blockiert. September 2006 Dr. K. Ludewig 17
Auf dem Wege zur Magersucht Eine oft zufällige Abmagerung ruft in der Familie heftige Emotionen hervor und bindet alle um ein unkontrollierbares Thema. Dies verstärkt zunächst die Bindungen und mildert so die mit den Trennungsversuchen einhergehenden Schuldgefühle. Die alarmierten Eltern greifen kontrollierend ein und konsolidieren dabei die thematische Einengung unwillkürlich mit. Musterkonstanz: Gegenseitige Entwertungen und Anklagen, Wutausbrüche, Geschwisterstreitigkeiten und versuchte Abwendungen klingen meistens ohne anhaltende Veränderungen wieder ab. Die eheliche Beziehung der Eltern kann verfestigend wirken, wenn z. B. die Mutter-Kind-Dyade ohne Alternative bleibt. September 2006 Dr. K. Ludewig 18
Magersucht wird hier verstanden als Folge. . . - eines mißglückten Versuchs der Ablösung (Lebensbewältigungsaspekt), - vor dem Hintergrund eines erschwerten Übergangs vom Kind zum Erwachsenen - und der Entwicklung eines immer biologischer werdenden Suchtverhaltens. September 2006 Dr. K. Ludewig 19
Bausteine für ein pragmatisch nützliches Verständnis der Magersucht I Magersüchtiges Verhalten bei Adoleszenten: • ist wie jedes Verhalten ein Versuch, eine Lebenslage zu meistern Lebensproblem • folgt nicht zwangsläufig auf spezifische biographische oder sonstige Vorerfahrungen Eigenartigkeit • entsteht meistens bei Übergängen im Lebenszyklus und setzt gewisse “Begabungen” beim Kind und seinen Eltern voraus Problemsystem September 2006 Dr. K. Ludewig 20
Bausteine für ein pragmatisch nützliches Verständnis der Magersucht II - Stützende Aspekte Unterhaltende Aspekte u. a. : • Sucht. Unmittelbare Spannungsreduktion sowie biologischer Kreislauf von Nahrungsverweigerung und Unterernährung. • Selbstwert-Gewinn. Enorme Leistung mit bedeutsamen Folgen, auf die nur schwer verzichtet werden kann • Konstanz. Emotionale und thematische Einschränkung des Familienlebens; Kind und Eltern können den Kreislauf von Sorge, Ärger und Schuld von selbst nicht verlassen • Ressourcen. Fähigkeit zur Überwindung hängt einzeln und familiär mit der prämorbiden Anpassung zusammen. September 2006 Dr. K. Ludewig 21
Bausteine für ein pragmatisch nützliches Verständnis der Magersucht III - Fazit Die Therapie sollte daher trifokal sein: L Unterernährung unter Kontrolle bringen, L Kind helfen, Ressourcen zu aktivieren und Selbstwert zu bessern, L Familie helfen, ihre Lebenssituation auf weniger leidvolle Weise zu bewältigen. September 2006 Dr. K. Ludewig 22
Teil II Bausteine der Therapie: a. Exkurse - Konzeptionell: Leitdifferenz von Lieben und Liebe - Methodisch: Die Externalisierungs-Technik b. Das „trifokale“ Behandlungsprogramm September 2006 Dr. K. Ludewig 23
Konzeptioneller Exkurs: Lieben und Liebe Elemente einer systemischen Sozialisationstheorie: Die Leitdifferenz von Lieben und Liebe September 2006 Dr. K. Ludewig 24
Konzeptioneller Exkurs: Lieben / Liebe - These 1. Lieben ist eine primäre Emotion © Lieben ist eine im Menschen angelegte Emotion, d. h. eine Bereitschaft, auf andere gerichtet zu empfinden und zu handeln. © Lieben ist ein spontanes, grundloses und unerlernbares Ausgerichtetsein auf andere Menschen. © Lieben liegt also an der Basis von Sozialisation und ist somit ein konstitutives Merkmal menschlicher Lebens- und Seinsweise. September 2006 Dr. K. Ludewig 25
Konzeptioneller Exkurs: Lieben / Liebe - These 2. Liebe ist sozialisiertes Lieben © Liebe ist ein interaktionelles Phänomen, das im Respekt vor der Individualität und Autonomie des anderen entsteht. © Liebe setzt die Synthetisierung aufeinander bezogener „Konzepte“ von ICH und DU, also ein differenziertes WIR voraus. © Liebe resultiert als soziales Phänomen aus der Koordination des Liebens zwischen autonomen Menschen. September 2006 Dr. K. Ludewig 26
Konzeptioneller Exkurs: Lieben / Liebe - Fazit - • Lieben geht in Liebe über, wenn es an die Autonomie des Anderen stößt und sich, um die Bindung zu erhalten, koordinieren muß. • Erst wenn beide Beteiligte sich als eigenständig erleben, findet Individuierung statt, und es entsteht ein Verhältnis von Ich und Du. • Die Ungewissheit über die Autonomie des geliebten Anderen kann aber spätestens ab der Pubertät die weitere Individuierung erschweren. September 2006 Dr. K. Ludewig 27
Methodischer Exkurs: - Externalisieren - Eine Methode der systemischen Therapie zur Umgehung von Schuldzuweisungen nach Michael White, Adelaide, Australien. September 2006 Dr. K. Ludewig 28
Methodischer Exkurs. Externalisierung I Externalisieren heißt, Ein Probleme zu „verdinglichen“ bzw. zu „personalisieren“, dem Problem Eigenständigkeit zuzuschreiben, so dass es für die Person bzw. das soziale System „extern“ wird. Beispiel: Die „Magersucht“ wird zu einem Flaschengeist (s. Aladins Lampe) umdefiniert, den frau aus einer Not heraus gerufen, später aber darüber die Kontrolle verloren hat. Alle Beteiligten können gemeinsam versuchen, den Geist wieder in die Flasche zurückzudrängen. Er bleibt zwar für den Notfall verfügbar, ist dann aber ungefährlich. September 2006 Dr. K. Ludewig 29
Methodischer Exkurs. Externalisierung II Vorteile von Externalisieren: Vermindert Konflikte/ Kämpfe/ Schuldzuweisungen und umgeht auftretende Versagensgefühle bei allen Beteiligten Entlastet den Umgang mit dem “Problem” und kann so alle Beteiligten in Kooperation gegen den gemeinsamen “Feind” vereinen Öffnet Optionen für therapeutische Dialoge September 2006 Dr. K. Ludewig 30
Adoleszenz-Magersucht Ein Familiendrama „Hungern aus Liebe“ oder: die Vermeidung von Individuierung, um den geliebten Anderen nicht zu gefährden. September 2006 Dr. K. Ludewig 31
Hungern aus Liebe Ein Drama in wenigen Akten (1) Vorspann Die Magersucht tritt in Familien auf, in denen bekanntlich Harmonie herrscht. Distanzierende und versöhnliche Erfahrungen, anhand derer Kind und Eltern lernen können, Nähe und Distanz zu regulieren, finden selten statt. September 2006 Dr. K. Ludewig 32
Hungern aus Liebe Ein Drama in wenigen Akten (Forts. ) (2) 1. Akt Die in Zeiten des Übergangs mit Individuation einhergehenden Trennungen werden, da bislang wenig erprobt, als destruktiv erlebt; dies impliziert existentiellen Stress. Magersüchtiges Verhalten ist ein Versuch, das Dilemma von Bindung und Ablösung zu „vertagen“, ohne dafür Verantwortung zu übernehmen, zumal es an der Krankheit liegt. September 2006 Dr. K. Ludewig 33
Hungern aus Liebe Ein Drama in wenigen Akten (Forts. ) (3) 2. Akt: • Die Essensverweigerung erweist sich als potentes Mittel, die bedrohten Bindungen in der Familie zu verstärken und so die Gefahren der Krise zu bannen; sie wird funktionalisiert. • Nebenher etabliert sich ein biologischer Kreislauf von Unterernährung und Nahrungsverweigerung mit eigener selbst erhaltender Dynamik. • Die Magersucht lenkt von der Sorge um den Anderen, verhindert die Fortentwicklung und vermindert so die Angst und das Schuldgefühl; sie läßt sich als „Hungern aus Liebe“ auffassen. September 2006 Dr. K. Ludewig 34
Hungern aus Liebe Ein Drama in wenigen Akten (Forts. ) (4) 3. Akt: • Um sich vertrauenvoll ablösen zu können, brauchen die Magersüchtige und ihre Eltern Gewissheit (eigentlich = Vertrauen) darüber, dass sie ihre Individualität dem jeweils Anderen zumuten dürfen. • Eine Therapie wird begonnen, welche Folgendes leisten soll: a. Funktionalisierung psychotherapeutisch zu relativieren, b. Ernährungs- und Gewichtskontrolle zu externalisieren, c. Mut zum Risiko zu erwecken, d. h. , zu erleben, wie es dem Anderen „ohne mich“ wirklich ergeht. September 2006 Dr. K. Ludewig 35
Hungern aus Liebe Ein Drama in wenigen Akten (Ende) (5) Finale Langsame Ablösung und Individuierung aller Beteiligten (oft mit mehrjähriger therapeutischer Begleitung in langen Abständen). September 2006 Dr. K. Ludewig 36
Trifokaler Therapie - die Elemente - Ernährungs- und Gewichtsregulation durch diätetische Kontrolle - Umdeutungen Lebenskrise aus Liebe. . . in der Familie - Externalisierungen „Magersucht“ versus „Plan“ September 2006 Dr. K. Ludewig 37
Trifokale stationäre Therapie, oder: Der Kampf der Giganten: Plan vs. Magersucht Polysystemischer Ansatz in 3 Phasen: 1. Vorbereitungen Diagnostische Beobachtung und Einleitung der Behandlung. 2. Behandlung Somatischer - Psychischer - Sozio-familiärer Fokus 3. Konsolidierung Stabilisierung, Vorbereitung und Durchführung der Entlassung sowie ambulante Nachbehandlung. September 2006 Dr. K. Ludewig 38
Trifokale stationäre Therapie, oder: Der Kampf der Giganten: Plan vs. Magersucht Fokus I: Somatischer Aspekt • Definition der Unterernährung als medizinisches Problem und vorübergehende Übernahme der Verantwortung Fokus II: Psychischer Aspekt • Umdeutung der Magersucht als Liebesproblem, vertragliche Verpflichtung aller, zusammenzuarbeiten, und gemeinsame Suche nach alternativen Bewältigungsmöglichkeiten • Externalisierungen: ¸Die „Magersucht“ als störrischer Flaschengeist ¸Der „Plan“ als kalter, emotionsloser, unerbittlicher Gegner Fokus III: Sozio-familiärer Aspekt • Familientherapie - Erfahrung mit unschädlicher Trennung und Überwindung der Ambivalenz von Bindung und Ablösung September 2006 Dr. K. Ludewig 39
Trifokale stationäre Therapie - der Plan Der „PLAN“: ein reglementierter Diätplan. Vorausgeplante Gewichtskurve mit stetiger, je nach aktuellem Gewicht abgestufter Gewichtszunahme. 5 Gewichtsstufen mit zunehmender Autonomie (= Belohnung) S Diätstufen: S S S ¸Sondennahrung und Bettruhe ¸Ausgleich mit flüssiger Nahrung ¸portioniert serviertes Essen ¸selbstgewähltes normales Essen Ausruhen nach den Mahlzeiten Sportliche Aktivitäten Ausgangsregelung Besuche, Anrufe Wochenendbeurlaubung nach Hause September 2006 Dr. K. Ludewig 40
Gewichtstabelle - k. BMI 50. Perzentile des k. BMI (n. Alter und Körperbautyp korrigiert) für weibliche Jugendliche < nach Neumärker et al. 1999 > Alter leptomorph metromorph pyknomorph ___________________ 10 14, 8 16, 1 18, 9 11 14, 9 16, 6 19, 8 12 15, 5 17, 4 21, 4 13 16, 5 18, 3 21, 9 14 17, 2 19, 2 23, 2 15 18, 1 19, 9 23, 3 16 18, 5 20, 5 23, 4 17 18, 8 20, 8 24, 0 18 19, 5 20, 9 24, 4 19 19, 3 20, 9 24, 0 20 -24 18, 9 21, 2 24, 7 September 2006 Dr. K. Ludewig Mittlere Gewichte bei 160 cm KG 42, 2 44, 0 46, 3 47, 4 48, 1 49, 9 46, 8 49, 1 50, 9 52, 5 53, 2 53, 5 56, 0 59, 4 59, 6 59, 9 61, 4 62, 4 41
September 2006 Dr. K. Ludewig 42
Fallbeispiel Maria (6) Familientherapie u. a. : P Problematisierung der selbstauferlegten Verantwortung, dem als belastet erlebten Vater zu stützen und nicht durch Eigenes zusätzlich zu "enttäuschen". P Öffnung der unausgeprochenen Abschottung der Familie gegenüber der als gefährlich wahrgenommenen Umwelt. P "Umdeutung" des sozialen Rückzug zurück in die Familie als Verzicht auf die eigene Weiterentwicklung - aus "Liebe". P "Umdeutung" der Abmagerung als Hilfsmaßnahme, um den sozialen Rückzug in die Familie besser leisten zu können. September 2006 Dr. K. Ludewig 43
Fallbeispiel Maria (8) Zwei in Einer oder: Essen - Familie Leben: September 2006 Dr. K. Ludewig 44
Fallbeispiel Kathy (3) Der unendliche Schlund (Originalgröße über 2 m hoch) September 2006 Dr. K. Ludewig 45
Magersucht, noch einmal - Gebrochenes Herz: Anna 16 Jahre September 2006 Dr. K. Ludewig 46
Ergebnisse (5) - Untersuchungszeitpunkte t-1 Erhebungen während der stationären Therapie im Zeitraum 1995 - 1999 t-2 Erhebungen zum Zeitpunkt der Entlassung aus der stationären Behandlung t-3 Nachuntersuchung im Sommer 2002 < Diss. St. Hagenhoff, Medizin, Uni Münster > September 2006 Dr. K. Ludewig 47
Ergebnisse (6) - Einordnungskriterien Kriterien zur Einordnung des aktuellen Zustands (2002) 1. Symptomfrei a) keine anorektischen Primärsymptome (nach ICD 10) b) mindestens 3 der Beurteilungen durch Patientin und Eltern $ 7, 0: (adäquates Essverhalten, sozial integriert, gefestigtes Selbstwertgefühl, stabile psychische Verfassung, sichere familiäre Situation) 2. Stabil a) maximal zwei anorektische Primärsymptome b) mindestens 3 Beurteilungen $ 6, 0 3. Instabil a) maximal drei anorektische Primärsymptome b) mindestens 3 Beurteilungen $ 5, 0 4. Krank a) vier anorektische Primärsymptome b) mindestens 3 Beurteilungen $ 5, 0 September 2006 Dr. K. Ludewig 48
Ergebnisse (8) - Problembereiche zum t -3 September 2006 Dr. K. Ludewig 49
Ergebnisse (9): Zeitpunkt-Vergleiche zum t-3 September 2006 Dr. K. Ludewig 50
Fazit These 1. MAGERSUCHT = MAGERSUCHT bzgl. somatischer und Verhaltensgleichförmigkeiten jedoch These 2. MAGERSÜCHTIGE … MAGERSÜCHTIGE bzgl. Familien, Lebensumstände, Vorerfahrungen, Ressourcen also These 3. THERAPIE = THERAPIE bzgl. Körperpflege und Gewichtszunahme aber THERAPIE … THERAPIE bzgl. Psycho- u. Familientherapie sowie Begleitaspekte und BEWÄLTIGUNG … BEWÄLTIGUNG bzgl. Therapiedauer, Besserung und Prognose. September 2006 Dr. K. Ludewig 51
ENDE September 2006 Dr. K. Ludewig 52
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